Poetry Slams - das sind Dichter-Wettkämpfe, wo jeder, der Lust hat, seine Werke in Kneipen oder Bars vor Publikum präsentieren kann. Die Idee stammt aus den USA, findet aber in Europa immer mehr Anhänger.
Spot auf den Dichter - ansonsten ist es düster und stickig im Hamburger Musikclub "Molotow". 200 Zuhörer sind in die Kellerbar gekommen, um sich Gedichte und Geschichten von jungen Talenten - oder Leuten, die sich dafür halten - anzuhören. "Poetry Slams" - so nennt sich diese hippe Form der klassischen Dichter-Lesung. Sie sind in Berlin, Hamburg und München äußerst populär und finden wöchentlich in Bars, Fabrikhallen und Clubs statt.
Die Bestandteile eines "Slams" - was im Englischen "Wettkampf" bedeutet - sind denkbar einfach: Man nehme einen Nachwuchsdichter, ein bunt gemischtes Publikum, eine Jury, die spontan unter den Zuhörern ausgewählt wird, und die Vorführung kann beginnen.
Jeder kann seine Texte zum Besten geben und keine Darbietung gleicht der anderen: Mal ist es ein gereimtes Liebesgedicht, mal eine sarkastische Ode an den Alkohol, mal die Sorgen einer 20-Jährigen über die nahenden Wechseljahre - die Vielfalt macht hier den Unterschied.
Der Düsseldorfer Autor Martin, der seit gut acht Jahren auf deutschen Bühnen seine Gedichte liest, betrachtet diese alternativen Lesungen als Kulturgut: "Es kostet nur drei Euro Eintritt und es ist eine Möglichkeit für Leute, die Texte in der Schublade haben, irgendwo damit mal aufzutreten Diese Möglichkeit hast du sonst nicht."
Wer sich entschließt, seinen Text bei einem nächtlichen Slam zu lesen, sollte neben Schreibtalent außerdem eine gehörige Portion Selbstbewusstsein mit auf die Bühne nehmen, denn außer Beifall hagelt es nicht selten auch Kritik. Der 35-jährige Martin wurde sogar schon einmal angespuckt, während er seinen Text las: "Es gibt auch immer wieder Zwischenrufe aus dem Publikum. Es findet immer eine Interaktion zwischen Bühne und Publikum statt - und das finde ich eine extrem wichtige Sache. Also es ist keine trockene, langweilige Lesung, sondern es fliegen Funken!"
GLOSSAR
Spot, der – hier: ein helles Licht
düster – dunkel
stickig – muffig; schlecht gelüftet
Talent, das – jemand, der eine besondere Begabung auf einem bestimmten Gebiet besitzt
hip – Jugendsprache für: modern
populär – beliebt
wöchentlich – jede Woche
ein bunt gemischtes Publikum – viele verschiedene Menschen
Jury, die – ein Gremium, das etwas beurteilt
spontan – plötzlich; ohne Vorüberlegung oder Planung; einem plötzlichen Entschluss folgend
etwas zum Besten geben – etwas vorführen
Darbietung, die – die Aufführung; die Vorstellung
sarkastisch – höhnisch; spottend
alternativ – hier: andersartig; anders als der Durchschnitt
Kulturgut, das – Teil einer bestimmten Kultur
nächtlich – nachts
eine gehörige Portion – sehr viel von etwas
Interaktion, die - aufeinander bezogenes Handeln
trocken – hier: leidenschaftslos
es fliegen Funken – es ist sehr emotionsgeladen