In Deutschland erkranken jährlich 74.000 Frauen an Brustkrebs. Mehr als 17.000 sterben jedes Jahr daran. Oft wird die Krankheit zu spät erkannt. Nun helfen Blinde, auch kleinste Knoten rechtzeitig zu entdecken.
Um Tumore so früh wie möglich zu erkennen, gibt es verschiedene Vorsorgeunter-suchungen wie zum Beispiel die Mammografie. Frauen sollten außerdem einmal monatlich selbst ihre Brust abtasten. Zweimal pro Jahr sollte ein Gynäkologe diese Untersuchung vornehmen. Ärzte können aber nur Veränderungen von etwa 1,5 bis zwei Zentimetern ertasten.
Blinde haben einen gut ausgebildeten Tastsinn. Deshalb können sie auch Knoten in der Brust fühlen, die nur wenige Millimeter groß sind. Das brachte den Duisburger Gynäkologen Dr. Frank Hoffmann auf die Idee, blinde Frauen als "Medizinische Tastuntersucherinnen" – kurz MTU – einzusetzen. Im Jahr 2006 gründete er die Initiative "Discovering hands".
Neun Monate dauert die Ausbildung zur medizinischen Tastuntersucherin und umfasst Themen wie Anatomie der weiblichen Brust, Therapie und Diagnostik. Die Frauen lernen auch, mit Orientierungsstreifen zu arbeiten, um die weibliche Brust in vier Zonen aufzuteilen. So können sie Veränderungen genau lokalisieren und den Ort des Knotens exakt benennen. Für die Patientinnen nehmen sich die MTUs außerdem viel Zeit: 30 bis 60 Minuten dauert eine Untersuchung.
Die bisherigen Erfahrungen mit MTUs sind gut: Bei 56 von etwa 450 Frauen wurden Veränderungen in der Brust erkannt. Außerdem wurden Knoten gefunden, die normalen Ärzten nicht aufgefallen wären. Die neue Methode soll die bekannten Verfahren jedoch nicht ersetzen. Hoffmann ist überzeugt, dass diese Tastmethode besonders für Entwicklungsländer, wo medizinische Geräte fehlen, gut geeignet ist. Für blinde Frauen könnten sich so ganz neue berufliche Möglichkeiten bieten.
Glossar
etwas ertasten – nur mit den Fingern etwas entdecken oder feststellen
Brustkrebs, der – eine schwere Erkrankung der weiblichen Brüste
Knoten, der – hier: eine Veränderung im Körper, die sich wie ein Knoten anfühlt
Tumor,der – eine Veränderung im Körper, die sich wie ein Knoten anfühlt und oft Krebs ist
Vorsorgeuntersuchung, die – Untersuchung beim Arzt, um Krankheiten rechtzeitig zu erkennen (z. B. Krebsvorsorge)
Mammografie, die (aus dem Griechischen) – medizinische Untersuchung der Brust mit (Röntgen-)Strahlen
etwas abtasten – etwas mit den Händen genau fühlen (hier: um Tumore zu erkennen)
Gynäkologe/in, der/die (aus dem Griechischen) – der/die Frauenarzt/Frauenärztin
eine Untersuchung vornehmen – eine Untersuchung machen/durchführen
Tastsinn, der – die Fähigkeit, Dinge durch Anfassen mit den Fingern wahrzunehmen (Verb: tasten)
gut ausgebildet – hier: gut entwickelt; ausgeprägt
Initiative, die – hier: eine Gruppe, die sich für etwas Bestimmtes einsetzt
Anatomie, die – die Wissenschaft vom Aufbau des menschlichen Körpers
Diagnostik, die – alle Verfahren, die zur Feststellung einer Krankheit führen
Orientierungsstreifen, der – hier: Streifen, die an die Brust geklebt werden und bei der Brustuntersuchung helfen, den genauen Ort des Knotens benennen zu können
lokalisieren – die Lage von etwas genau bestimmen; genau sagen können, wo etwas ist
etwas ersetzen – etwas gegen etwas anderes tauschen
Entwicklungsland, das – ein Land, das wirtschaftlich wenig entwickelt ist