Deutschlands Gesundheitssystem genießt im Ausland einen guten Ruf - und gilt als günstig. Medizintouristen aus der ganzen Welt lassen sich daher hierzulande operieren.
Die Gesundheitsreform ist ein Dauerbrenner in der deutschen Politik. Während die Deutschen über Qualität und Zukunft ihres Gesundheitssystems streiten, entdecken ausländische Patienten seine Vorzüge. Immer mehr von ihnen kommen nach Deutschland, um komplizierte und teure Eingriffe vornehmen zu lassen.
Von diesem Medizintourismus berichtete Axel Steller, Geschäftsführer der Arab German Health Foundation GCC aus Dubai, auf dem diesjährigen Kongress "Stadt im Wandel“. In Deutschland hat es 2001 nach Angaben des Deutschen Ärzteblattes 50.000 ausländische Patienten gegeben, die jedoch nicht Medizintouristen seien, so Steller.
Die Gründe für dieses noch neue Phänomen sind zum einen in Deutschland, zum anderen in den Herkunftsländern der Medizintouristen zu suchen. In Deutschland erzielen Krankenhäuser mit Medizintouristen zusätzliche Gewinne. Dies habe ihr Interesse an der finanzkräftigen Klientel aus dem Ausland erhöht, sagt Steller.
Steller nannte vier Kategorien von ausländischen Patienten. Solche aus angrenzenden Nachbarländern, Wartelistenpatienten, Touristen und Geschäftsleute, die auf der Durchreise erkranken, und schließlich Patienten aus Ländern, in denen medizinische Behandlung entweder teuer oder unzureichend ist. Letztere machten die Gruppe der lukrativen Medizintouristen aus und kämen vor allem aus den USA, Russland und den Golfstaaten. Gegenwärtig sind es nach Schätzung von Fachleuten rund 10.000 arabische Patienten pro Jahr. Sie sind nicht nur eine attraktive Einnahmequelle für medizinische Einrichtungen, sondern auch für die Städte. Steller machte das Potenzial anhand seiner begüterten Kunden klar. Diese reisten oft mit mehreren Familienangehörigen zu einer Operation an und hätten hohe Ansprüche an Unterkunft, Verpflegung und Einkaufsmöglichkeiten - beste Voraussetzungen für hohe Ausgaben vor Ort.
GLOSSAR:
einen guten Ruf genießen – angesehen sein
hierzulande – in diesem Land; hier also: in Deutschland
Dauerbrenner, der – etwas, das sehr lange Zeit aktuell ist
Vorzug, der – der Vorteil
Eingriff, der – hier: die Operation
etwas vornehmen lassen – etwas machen lassen
Kongreß, der – ein Treffen von Fachleuten
Gewinne erzielen – Gewinne machen
finanzkräftig – mit viel Geld
Klientel, die – die Kundschaft
Wartelistenpatient – ein Kranker, auf einer Liste steht und auf seine Behandlung warten muss
auf der Durchreise – auf dem Weg in ein anderes Land
erkranken – krank werden
unzureichend – nicht ausreichend; nicht gut genug
lukrativ – so, dass es viel Geld bringt
gegenwärtig – zur Zeit; im Moment
Einnahmequelle, die – eine Möglichkeit, Geld zu verdienen
Potenzial, das – die Möglichkeiten
anhand – mit Hilfe von
begütert – reich
Anspruch, der – die Erwartung an etwas