Der literarische Speisezettel ist abwechslungsreich. Mal sind es spannende Krimis, mal heitere Anekdoten, gelegentlich experimentelle Lyrik. Aber eines verbindet die Texte: Sie finden sich auf der Brötchentüte.
Immer sind es kurze Geschichten, die der Bremer Frank Riepe und der Kölner Jens Gantzel auf die Tüte drucken lassen. Innen Krosses für den Bauch, drumherum Knackiges fürs Hirn - das ist ihr Rezept auf bundesweit mittlerweile weit mehr als 800.000 Tüten.
Vor gut einem Jahr haben der Dramaturg Riepe und der Schriftsteller Gantzel den Verlag "Lesefutter" gegründet, mit dem sie vor allem jungen und überregional eher unbekannten Autoren eine Plattform bieten. "Die Bedingungen für Literaten sind schlecht, die öffentliche Förderung geht zurück", sagt Riepe. "Kulturschaffende müssen neue Wege und neue Formen finden, um sich zu finanzieren." Wer es auf sein rascheliges 40-Gramm-Papier schafft, streicht ein Honorar ein, auch wenn niemand davon satt werden kann.
Mittlerweile sind es über 20 Autoren, die Gedrucktes als hirnaktive Begleitkost zu Vollkornbrötchen veröffentlichen und sich ganz nebenbei neuen Leserkreisen vorstellen. In der Regel werden 50.000 Tüten in einem Schwung bedruckt. Von der werbefinanzierten Idee profitieren Literaten wie der Bremer Satiriker Osman Engin und der Kölner Krimi-Autor Rich Schwab. Sie alle haben bereits Bücher veröffentlicht. Doch von den Riesenauflagen bei "Lesefutter" in mehr als 160 Städten konnten sie bisher nur träumen.
Geliefert wird ausschließlich für Reformhäuser und Bioläden. "Natur, Genuss, Wellness, Sinnlichkeit - das passt zu dem Lebensgefühl, das wir vermitteln wollen", erläutert der 43-jährige Riepe, der mit drei Großbäckereien zusammenarbeitet.
Obwohl die Kultur auf Tüten dem Existenzgründer Riepe Arbeitstage mit 16 Stunden beschert, ist der Mann voller Tatendrang. Gerade werden die ersten "Fleischer-Faltbeutel" mit Prosa bedruckt und Verpackungs-Tüten für den Buchhandel geliefert. Bald soll "Lesefutter" auch in Luxemburg unters Volk gebracht werden.