Killerspiele - nicht so übel wie ihr Ruf
Sie heißen "Doom" oder "Counterstrike" und viele würden sie lieber heute als morgen aus deutschen Landen verbannen.
Spätestens seitdem bekannt ist, dass der Amokläufer von Erfurt passionierter "Counterstrike"-Spieler war, flammt die Diskussion über Gewaltspiele in der Bundesrepublik regelmäßig auf. Doch ein Verbot der Computerspiele allein wird kaum Abhilfe schaffen. Denn sie allein machen keinen zum Killer.
"Natürlich ist es einfach, solche Bezüge herzustellen, wenn herauskommt, dass ein Amokläufer regelmäßig so genannte 'Killerspiele' gespielt hat", meint Tilo Hartmann, der zurzeit für die Universität von Südkalifornien auf dem Gebiet der Medienbeziehungen und -interaktionen forscht. Doch als Wissenschaftler steht er solchen einfachen Kausalzusammenhängen skeptisch gegenüber.
Viele Studien zeigen, dass Gewaltspiele kurzfristig, also in einem Zeitraum von etwa 20 bis 30 Minuten nach dem Spielen, Aggressivität und feindseliges Verhalten fördern. "Es besteht aber lediglich ein moderater Zusammenhang – die Rezeption gewalthaltiger Filme etwa hat stärkere Auswirkungen", erklärte Hartmann. Was der Wissenschaft noch fehle, sind fundierte wissenschaftliche Befunde über längerfristige Auswirkungen. Außerdem dürfe man auf gar keinen Fall andere Faktoren wie die persönliche familiäre Situation oder die Veranlagung der Aggressoren vernachlässigen, so Hartmann.
Möglicherweise sei der Umstand, dass Computerspieler zu Gewalt neigen, nicht auf die Spiele zurückzuführen, sondern darauf, dass von vorneherein eher aggressiv veranlagte Menschen zu Gewaltspielen greifen.
Laut Christoph Klimmt, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Journalistik und Kommunikationsforschung an der Hochschule für Musik und Theater Hannover, können Computerspiele durchaus auch positive Effekte haben: "Wenn ein Spieler zum Beispiel eine Episode im Spiel erfolgreich gemeistert hat, steigert das sein Selbstwertgefühl. Es macht Spaß, mit bestimmten Mausklicks oder Tastaturbefehlen verlässliche und wiederholbare Reaktionen hervorzurufen" – im Gegensatz zur realen Welt, in der auf bestimmte Aktionen nicht immer dieselben Reaktionen folgen.
Die Gefahr, dass die Spieler Realität und Spiel nicht mehr unterscheiden können, weil die Darstellungstechniken immer besser und realistischer werden, ist für Klimmt nicht unbedingt gegeben: „Computerspieler haben ein ausgeprägtes Realitätsmanagement und wissen sehr genau, was Wirklichkeit und was Spiel ist.“ Ausgenommen seien allerdings Kinder, die die virtuelle Gewalt nicht verarbeiten könnten.