In Deutschland streiken die Ärzte. Sie sind unzufrieden über ihre Honorare und Arbeitsbedingungen. Viele ihrer Kollegen haben die Situation satt und gehen ins Ausland.
"Mein zukünftiger Chef wollte mir das nicht glauben, dass ich hier zehn bis zwanzig Stunden pro Woche zusätzlich arbeite - aus Jux und Tollerei, unbezahlt!" Das sagt Dr. Kai König, Kinderarzt an der Berliner Charité. Er wird in wenigen Tagen Deutschland verlassen und nach Melbourne in Australien gehen. "Die meisten Kliniken in Deutschland haben das Problem, dass sie sparen müssen. Und das scheint im Personalbereich sehr attraktiv zu sein." Dr. König und seine Kollegen merken dies im Alltag: gleiche Arbeit mit weniger Personal.
In Australien hofft er nun auf Besserung seiner Arbeitslage. Und er ist nicht der einzige deutsche Mediziner, der so denkt. Seit etwa zwei Jahren registriert auch der weltweit agierende Personaldienstleister Adecco eine steigende Nachfrage nach Ärztestellen im Ausland: Neben England oder Österreich wird auch Dubai immer interessanter.
"Am beliebtesten sind aber die Schweiz oder die skandinavischen Länder", erklärt Marita Siefert, Leiterin des Geschäftsbereiches Adecco Health Care. Die Schweiz locke mit Löhnen, die rund 20 Prozent höher sind als in Deutschland und mit guten Arbeitsbedingungen. In Skandinavien dagegen wird viel Wert auf eine gute Ausbildung gelegt“, weiß Marita Siefert.
Dass Bezahlung und Betreuung für die auswandernden Ärzte ausschlaggebend sind, kann Dr. König bestätigen: "Attraktiv ist so ziemlich jedes Land. Weil wir im Vergleich mit anderen industrialisierten Ländern - was Gehalt und Arbeitsbedingungen betrifft - tief im unteren Drittel liegen."
Rund 12.000 deutsche Ärzte sind derzeit im Ausland tätig. Doch es kommen auch andere nach Deutschland. "Im Jahr 2004 hatten wir in Deutschland fast 18.000 ausländische Ärzte“, erklärt Hannes Munz von der Kassenärztlichen Vereinigung.
Doch viele Ärzte kehren in die Heimat zurück. Auch Kai König hat sich erst einmal nur für ein Jahr beurlauben lassen: "Ich werde jetzt nicht alle Segel abbrechen. Ich denke, dass ich wieder aus Australien zurückkommen werde."