Heiler, Sexgott, politischer Ratgeber - Rasputin hatte viele Talente, mit denen er die russische Zarenfamilie begeisterte. Zu viele, fanden seine Gegner. Am 30. Dezember 1916 wurde er ermordet.
Der Mann hat ganz schrecklich ausgesehen. Fettige Haare bis zu den Schultern, verfilzter langer Bart, Schmuddelklamotten. Vermutlich hat er auch nicht besonders gut gerochen, aber das Ganze ist schon so lange her, dass man niemanden mehr fragen kann. Der Wanderprediger Rasputin ging am russischen Zarenhof ein und aus und beriet den Zaren in politischen Dingen. Die Zarin hingegen beeindruckte er mit seiner ungeheuren Manneskraft so sehr, dass sie ihm ganz und gar hörig war. Außerdem konnte er zaubern und war immun gegen Gewehrkugeln, Messerstiche und jedwede Art von Gift.
Rätselhafte Seegurke
Wie viel davon stimmt, bleibt wohl für immer ein Geheimnis. Viel interessanter ist, warum und von wem die Gerüchte gestreut worden sind. Sie kamen aus Petersburger Adelskreisen, wo man mit Rasputins Einfluss auf die Zarenfamilie nicht einverstanden war. Es konnte doch nicht angehen, dass ein einfacher Wanderprediger, Sohn eines sibirischen Bauern, im Palast ein und ausging, wie es ihm gefiel. Also wurde die reizvolle Geschichte erfunden, dass die kühle Zarin beim wilden Mönch alle Zurückhaltung aufgab und sich mit ihm in den Betten des Palastes tummelte.
Die schlichte Wahrheit ist, dass Rasputin vor allem deshalb so oft Gast war am Zarenhof, weil er der einzige war, der dem Söhnchen des Zaren beistehen konnte. Der litt unter der Bluterkrankheit, was aber niemand wissen durfte: Schließlich hatte ein Thronfolger stark und gesund zu sein. So stark und gesund wie Rasputin, der mit seinen heilerischen Kräften die Blutungen des Zarewitsch stoppen konnte.
Dunkle Wolke aus Unglück und Leid
Die politischen Ratschläge des Wunderheilers allerdings hat der Zar nur selten befolgt. Was in mindestens einem Falle wirklich schade ist: Im Jahr 1914 warnte Rasputin eindringlich vor einem Krieg. "Eine dunkle Wolke aus Unglück und Leid wird sich auf Russland herabsenken", schrieb er an den Zaren. "Lass nicht zu, dass Du Dein Volk verlierst. Man mag Deutschland besiegen, aber was wird aus Russland? Es wird in Blut ertrinken."
Zwei Jahre später starb Rasputin, ermordet von einer Gruppe von Adeligen. Auch um diesen Tod am 30. Dezember 1916 ranken sich sagenhafte Geschichten, und das ist kein Wunder, denn der einzige Augenzeugenbericht stammt von einem der Mörder, und der machte alles, um der Tat Bedeutung zu verleihen: Man habe dem satanischen Gottesmann weder mit Gift etwas anhaben können noch mit Schüssen in den Körper. Erst das eiskalte Wasser der Newa habe ihm schließlich den Garaus machen können.