Erdbeben verwüstet Basel! Eine solche Katastrophe hat sich am 18. Oktober 1356 tatsächlich abgespielt. Lange her - doch auch heute gehört Basel zu den Städten mit dem weltweit größten Schadensrisiko bei einem Beben.
"Und fing das Erdbeben an am Sankt-Lukas-Tag des Jahres, da man zählte von Gottes Geburt dreizehnhundertundsechsundfünfzig Jahr", berichtet die Chronik im Ratsbuch der Stadt Basel. Schon am Nachmittag des 18. Oktober war ein leichtes Schwanken zu spüren, und als zur Vesperzeit einige heftige Stöße die Stadt erschütterten, rannten die Menschen aus den Häusern und hinaus aus der Stadt. Von den Dächern stürzten Kamine, und ein Brocken der Stadtmauer erschlug den Ritter Werner von Bärenfels, als er durch eine Mauerpforte hastete.
Schreckensstarre Menschen
In der Vorstadt Sankt Alban brach Feuer aus, und auch in der Stadt selbst loderten Flammen auf. Einige Leute liefen zurück, um zu löschen oder ihre Habe zu retten. Aber das Schlimmste kam erst am späten Abend, und dann bebte die Erde die ganze Nacht hindurch. Als der Morgen graute, hatten die schreckensstarren Menschen nur noch ein brennendes Trümmerfeld vor sich: Kirchtürme verschwunden, das Münster eingestürzt, die Stadtmauer ein Geröllhaufen.
Eine ganze Woche lang wütete das Feuer und fraß, was das Erdbeben nicht vernichtet hatte. "Und blieb kein Kirche, Turm noch steinern Haus ganz", sagt die Stadtchronik, "weder in der Stadt noch in den Vorstädten, und wurden größiglich zerstöret." Und mit ihnen die Vorräte, Warenlager und Kirchenschätze einer florierenden Stadt mit sechstausend Einwohnern - im vierzehnten Jahrhundert eine beachtliche Größe. "Von demselben Erdbeben", so die Chronik, "wurden auch fast alle Kirchen, Burgen und Festungen, die um diese Stadt bis vier Meilen gelegen waren, zerstöret und blieb wenig ganz."
Was Basel ausgelöscht hatte, war das schwerste Erdbeben Mitteleuropas in historischer Zeit. Katastrophen wie diese verstand man im Mittelalter als Strafgericht Gottes, aber die Baseler hielten sich nicht lange mit Bußübungen auf.
Vielleicht, weil nur relativ wenige Menschen zu Tode gekommen waren - kaum mehr als hundert, schätzen Historiker. Sie krempelten die Ärmel hoch und fingen an, den Schutt beiseite zu räumen. Den Winter mussten sie in Zelten und Hütten auf den Feldern überstehen, aber in der Stadt wurde emsig repariert und gebaut. Der Rat kaufte ganze Wälder, um Bauholz bereitzustellen, und schon im nächsten Sommer konnte er die Notunterkünfte abbrechen lassen. Die Verschuldung, die für den Aufbau nötig war, hatte die Stadt nach sechs Jahren restlos abgetragen, und sie war schon wieder reich genug, um ein Mammutprojekt in Angriff zu nehmen: eine neue Stadtmauer, die auch die Vorstädte umschließen sollte. Basel blühte und gedieh, als sei nichts geschehen.
Geologische Sollbruchstelle
Doch das Beben anno 1356 ist eine Warnung für die Zukunft. Das südliche Ende des Rheingrabens ist eine Art geologische Sollbruchstelle. Druck, den die afrikanische und die eurasische Kontinentalplatte, die hier aufeinanderstoßen, aufbauen, kann sich durch gewaltige Erdbeben entladen. Das geschieht einmal in zweitausend Jahren - aber wann das nächste Mal sein wird, kann niemand voraussagen. Basel gehört zu den zehn Städten der Welt mit dem größten Schadensrisiko, sagen Erdbebenforscher von der Technischen Hochschule Zürich.