Douglas Corrigan brauchte Schokolade, Müsliriegel und Glück, damit ihn die Behörden nicht erwischen. Dann brach er zu einem Langstreckenflug auf, durch den er am 18. Juli 1938 als "Wrong Way" Corrigan in die Fluggeschichte einging.
Im Laufe der Geschichte hat sich schon mancher verfahren. Daher hat sich der Mensch diverse Hilfsmittel dagegen gesucht: die Sterne, den Kompass, den Längengrad, das Navi. Kolumbus beispielsweise hatte auf seinem Weg nur die ersten beiden zur Verfügung. Daran aber lag es nicht, dass er sein geplantes Ziel nicht erreichte. Er wollte über den Atlantik nach China. Die Richtung stimmte - doch ihm kam ein Kontinent dazwischen. Dieser Umstand war letztlich viel interessanter als das ursprüngliche Ziel. Auf diese Weise wurde die Weltkarte um einen Kontinent erweitert. Und damit stellt sich die Frage: Ist der falsche Weg nicht manchmal der richtige?
Flugzeug für 325 Dollar
Diese Frage stellte sich auch Douglas Corrigan. Der junge Flugzeugkonstrukteur aus Texas hatte 1927 beim Bau des Flugzeugs mitgewirkt, in dem Charles Lindbergh im selben Jahr erstmals nonstop über den Atlantik flog, von New York nach Paris.
Für Corrigan stand fest: das wollte er auch - den Atlantik nonstop überfliegen. Und zwar als erster von New York nach Dublin, der Heimat seiner Vorfahren. Er kratzte seine gesamten Ersparnisse zusammen, um ein Flugzeug zu kaufen. Für 325 Dollar erstand er eines, das ihm tauglich erschien. Lindberghs Maschine hatte das Dreißigfache gekostet. An Corrigans Kiste gab es noch einiges aufzumöbeln, um sie durch den TÜV zu kriegen. Mehrmals wurde ihm die Lizenz verwehrt. Eine weitere Hürde war die behördliche Erlaubnis für den Atlantikflug. Auch dafür brauchte er mehrere Anläufe. Als seine Maschine die entsprechenden Anforderungen endlich erfüllte, kam das Aus: Eine Pilotin war bei einem Flug über den Pazifik verschwunden. Sämtliche Ozeanflüge wurden untersagt. Corrigan erhielt lediglich die Freigabe für eine Kontinentüberquerung von Los Angeles nach New York und zurück.
Corrigan witterte Morgenluft: Für einen solchen Flug braucht man viel Sprit. Also würden zusätzliche Treibstofftanks an seiner Maschine keinen Verdacht erregen. Als Test diente ihm der Flug von Kalifornien nach New York. Der verlief nicht sehr entspannt: Der Haupttank entwickelte ein bedenkliches Leck.
Doch Corrigan, einmal in New York, beschloss, sich nicht mit Reparaturen aufzuhalten. Allzu groß war die Wahrscheinlichkeit, dass ein Inspektor auftauchte, der seinen heimlichen Plan wieder vereiteln würde. Buchstäblich bei Nacht und Nebel verließ Corrigan mit zwei Schachteln Müsliriegeln, zwei Tafeln Schokolade, etlichen Litern Wasser und einem Leck im Tank New York. Und zwar in Richtung Osten - Kurs Dublin. Dort traf er 28 Stunden später, am 18. Juli 1938, wohlbehalten ein.
"Wrong Way"
Die Iren waren überrascht, aber nicht erzürnt. Corrigan wurde mit noch mehr Hallo empfangen als Lindbergh in Paris. Um einer Strafe zu entgehen, behauptete er, er habe sich verflogen: zu dicht der Nebel, der Kompass eingefroren. Niemand glaubte es so recht - aber er entging einer Strafe, die auf die Brechung des Flugverbots gestanden hätte. Der Spitzname "Wrong Way" Corrigan blieb ihm. Der irische Ministerpräsident lobte seine "schlechte Navigation": immerhin habe er mit seinem Verfliegen Irland wieder auf der Weltkarte präsent gemacht.
Corrigan und Kolumbus haben seither mehr gemein als die gleichklingende erste Silbe ihrer Namen.