Ob teuflisches Getränk oder "The Real Thing" - über Coca-Cola streiten ganze Weltanschauungen. Am 12. März 1894 wird das Getränk erstmals in Flaschen abgefüllt.
Nein, einen auffallenden Geruch verströmt koffeinhaltige Limonade nicht. Dennoch gibt es Menschen, die es anrüchig finden, Coca-Cola zu trinken. Die iranischen Mullahs zum Beispiel: Für sie ist Coke ein quasi teuflisches Getränk, schließlich wird es vom Großen Widersacher Amerika gebraut. Es muss ihnen in der Seele wehtun, zu sehen, wie gern ihr Volk zu dieser satanischen Brause greift - zumal es doch auch das heimische Zam Zam Cola gäbe! Das schmeckt genauso gut, kostet weniger und ist obendrein nach der heiligen Quelle von Mekka benannt. Aber anscheinend hat Coca-Cola für viele Iraner, wenn schon keinen Geruch, so doch den Geschmack von ... na ja ... von Freiheit und Abenteuer.
Und nicht nur für die Iraner! In anderen Weltgegenden, in ärmeren vor allem, verhält es sich genauso. Der verstorbene Philosoph und Zukunftsforscher Ivan Illich sah darin ein Indiz für Unterentwicklung; er vertrat nämlich die Ansicht, dass von Unterentwicklung dort gesprochen werden muss, wo es gelungen ist, Durst in das Bedürfnis nach Coca-Cola umzuwandeln. Wenn Illich Recht hat, dann sind weite Teile des Globus´ unterentwickelt: Keine andere Marke ist international so präsent wie Coca-Cola.
Über eine Milliarde Soft Drinks der Firma Coca-Cola werden Tag für Tag konsumiert - Fruchtsäfte, Wässer, Schorlen, Eistees, Sportgetränke und dergleichen, vor allem aber "The Real Thing", das klassische Coke. Und einer Studie der Harvard School of Business zufolge ist "Coca-Cola" nach "okay" das bekannteste Wort der Welt. Das alles bedeutet unter anderem: Für Millionen und Abermillionen von Menschen ist Coca-Cola sehr viel mehr als ein Getränk. Sie verbinden mit der braunen Limonade ein Lebensgefühl! Mehr noch: Eine Weltanschauung.
Man muss sich das einmal vorstellen: Da rührt in den 1880er-Jahren im Süden der USA ein Apotheker einen Sirup aus Koka-Blättern, Cola-Nüssen und noch ein paar Zutaten zusammen und bietet ihn, mit Sodawasser vermischt, als Kopfschmerzmittel an. Für fünf Cent das Glas - direkt aus der soda fountain, also einem Apparat, in dem Sirup und Wasser vermengt und Kohlendioxid zugeben wird.
Rund ein Dutzend dieser Drinks schenkt er anfangs pro Tag aus. Aber dann geht es Schlag auf Schlag: Der Apotheker verkauft die Marke für sage und schreibe 2.300 Dollar. Der neue Besitzer gründet die Coca-Cola Company und rührt kräftig die Werbetrommel.
Am 12. März 1894 füllt er sein Getränk erstmals in Flaschen ab - noch nicht in die charakteristische Cola-Flasche, die lässt noch gut zwanzig Jahre auf sich warten - und als er die Coca-Cola Company 1919 weiterverkauft, ist sie 25 Millionen Dollar wert!
Von da an dauert es nicht mehr lange, bis die Coca-Cola-Welle tsunamigleich den gesamten Erdball erfasst. Coca-Cola wird - mehr noch als die Baseball-Mütze und die Marlboro-Zigarette - zum Symbol für den westlichen Lebensstil.
Dass das nicht nur den Mullahs missfällt, geht aus einem alten Witz hervor: Da stellt der große Getränkeproduzent dem katholischen Klerus einen namhaften Betrag dafür in Aussicht, dass er das Wort "Coca-Cola" an prominenter Stelle in die Liturgie einfließen lässt. Ein Pfarrer, der das Geld im Interesse seiner Gemeinde auf keinen Fall ausschlagen möchte, wird dem Wunsch nach diesem product placement gerecht - und beschließt in der Sonntagsmesse das Vaterunser mit den Worten: "Führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Übel - Coca-Cola - Amen."