Das "KaDeWe" - eine Wunderwelt von Versprechungen, die man sich auch gleich erfüllen kann - wenn man das nötige Kleingeld hat. Am 27. März 1907 eröffnete Adolf Jandorf in Berlin das "Kaufhaus des Westens".
Die Berliner mögen Abkürzungen. Für sie ist es seit jeher nur "das KaDeWe", für Shopping-Freudige aus aller Welt schlicht ein moderner Mythos: das "Kaufhaus des Westens", das am 27. März 1907 von dem Handelsmann Adolf Jandorf eröffnet wurde. Der Unternehmer mit Spürnase hatte zuvor bereits fünf Warenhäuser für den einfachen Bedarf gegründet. Aber die kaufkräftige Elite sollte ebenfalls ein Konsumparadies erhalten. Was es mit dem "Harrods" in London oder dem "Printemps" in Paris längst gab und mit Emile Zolas Roman "Das Paradies der Damen" sogar in die Weltliteratur Eingang gefunden hatte, sollte endlich auch in Berlin Wirklichkeit werden.
Schatzkammer käuflicher Kostbarkeiten
Einen "Platz an der Sonne" hatte Kaiser Wilhelm II. der aufstrebenden Nation versprochen, und Adolf Jandorf löste ein, wonach verfeinerter Geschmack und gesteigertes Repräsentationsbedürfnis lechzten: Erlesene Kolonialwaren aus Afrika und der Südsee, feinste Stoffe aus China und England, Präzisionsuhren aus der Schweiz, die neuesten Haushaltsgeräte aus Amerika, Weine und Porzellan aus Frankreich, Mode aus Italien, Pelze aus Russland waren im schier unerschöpflichen Angebot der 120 Abteilungen.
An diesem hohen Anspruch hat sich über die Jahrzehnte nichts geändert. Weder Weltkriege noch Geldentwertungen, weder die Räterepublik noch die Enteignung durch die Nationalsozialisten, weder die Berlin-Blockade noch die Ölkrise, weder die Studentenunruhen noch die gesellschaftlichen Veränderungen im wiedervereinigten Berlin konnten der Anziehungskraft des Warenuniversums etwas anhaben. Zwar wurde das Gebäude einige Mal umgebaut, mehrmals wechselten die Besitzer, aber das Wesentliche blieb: eine Wunderwelt der Versprechungen, ein Paradies des Glamours, eine Schatzkammer käuflicher Kostbarkeiten.
Heute präsentiert sich das KaDeWe mit rund 60.000 Quadratmetern Verkaufsfläche auf sechs Stockwerken und einem Warenangebot von rund 400.000 Artikeln mehr denn je als Konsumtempel und größtes Warenhaus Kontinentaleuropas.
"KaDeWe" - die ersten Worte des Milliardärs
Besonders legendär ist die Feinkostabteilung, die nicht erst seit dem kollektiven Kochrausch auf allen TV-Kanälen das Mekka der Gourmets ist. Hier kauft man nicht nur ein, man kann an den Theken und Kochinseln gleich vor Ort probieren und schmausen: heimische und internationale Küche, Snacks und raffinierte Menüs. Die sprichwörtlich gewordene Wilmersdorfer Witwe im Nerz sieht man hier Ellbogen an Ellbogen mit dem Geschäftsmann im Zweireiher mit Messer und Gabel hantieren, den Touristen in Shorts neben der shoppenden Studentin, die sich auch mal etwas gönnen will.
Seit 2010 ist der Milliardär Nicolas Berggruen mit der Karstadt Warenhaus GmbH Eigentümer des KaDeWe. Nach eigenen Angaben war "KaDeWe" eines der ersten Worte, das er als Kind sprechen konnte. Das gilt nicht nur für ihn, sondern seit über hundert Jahren offensichtlich für viele Menschen.
Tatsächlich verspricht das KaDeWe nicht nur Konsum für Besserverdienende, sondern auch das kleine Schnäppchen für die Normalbevölkerung. Es ist somit auch ein Stück gelebter sozialer Marktwirtschaft geworden, nach dem Motto: Luxus für alle! Und das für täglich bis zu hunderttausend Kunden.
Auch literarisch hat das KaDeWe längst Spuren hinterlassen. Vladimir Nabokov war in den 20er-Jahren ein häufiger Besucher des Warenhauses und hat ihm in seinem Roman "König, Dame, Bube" ein Denkmal gesetzt.