Der ungarische Schriftsteller Kálmán Mikszáth hat über Leidenschaften und Verwicklungen geschrieben. Aber auch sein eigenes Leben wäre eine Liebesgeschichte wert.
Weinlese an Somlyó-Berg, ein großes Fest der Handwerker. Die Männer sind schon angetrunken, ihre Augen werden glasig, die Schnurrbärte hängen herab. Die Mädchen dagegen blühen auf, Tanz und Trubel stehen ihnen gut, die Gesichter leuchten, wenn auch die weißen Blusen schon arg verschmutzt sind. Aber gerade das ist ja das Schöne, das weist die begehrten Mädchen aus, wenn sie von den vielen Händen ihrer verschwitzten Tänzer gezeichnet sind. Der Wein fließt, die Musik hört nie auf, jemand wirft einen Igel unter die Tanzenden, ein anderer zielt mit der Silbermünze genau auf die Nase des Bassisten, die sogleich zu bluten anfängt. Was für ein wunderbares ausgelassenes Fest! Die Burschen tanzen mit brennenden Zigarren, und wenn sie sich zärtlich ihrer Tänzerin zuneigen, fängt auch hie und da mal eine Bluse Feuer - ein guter Anlass, den Brand am Busen rasch mit den Händen zu löschen.
Heimliche Heirat
Hier also lernt der junge Noszt das Mädchen kennen, das ihn aus der Finanzmisere retten soll, die millionenschwere Mari Tóth. Sie wittert in jedem Kavalier den Mitgiftjäger, deshalb geht sie in Verkleidung zum Fest, um zu prüfen, ob sie jemandem gefällt. Noszty, der um die Verkleidung weiß, nutzt die Gunst der Stunde und umgarnt das arglose Mädchen.
Im Umfeld der seltsam mäandernden Geschichte des Romans werden Atmosphäre und Figuren des ungarischen Landlebens im 19. Jahrhundert lebendig. Niemand konnte diese Milieus so gut, so witzig, so voller Duft und Farbe schildern, wie er: Kálmán Mikszáth.
Geboren wurde Kálmán Mikszáth am 16. Januar 1847. Nach einem nicht-abgeschlossenen Jurastudium arbeitete er bei einem Prinzipal und verliebte sich in dessen Tochter Ilona.
Einmal schmuggelte er seinem Chef in den Haufen zu unterzeichnender Papiere eines mit folgendem Inhalt: "Ich verfüge hiermit, dass meine Tochter Ilona meinen Assistenten zu lieben hat und verpflichte mich, sie ihm innerhalb eines Jahres zur Frau zu geben." Als die Sache ernst wurde, verboten die Eltern jedoch die Verbindung. So reiste Ilona ihrem Liebsten nach Budapest hinterher und heiratete ihn heimlich.
Grausame Scheidung
Mikszáth arbeitete hart, veröffentlichte kleinere Schriften, doch der Erfolg wollte sich nicht einstellen. Sie lebten in solcher Armut, dass Ilona krank wurde. Aus Sorge schickte er sie zu ihren Eltern zurück - und weil er sie nicht mit ins Elend reißen wollte, bat er um die Scheidung. Ilona weigerte sich, wollte um jeden Preis an ihrer großen Liebe festhalten. Da behauptete er einfach, er liebe eine andere - und sie willigte ein.
Jahrelang arbeitete er hart weiter - und hatte endlich Erfolg. Zwei Bände mit Kurzgeschichten machten ihn berühmt, er schrieb für Zeitungen, schrieb Romane, machte in der Politik Karriere.
Da wagte er es wieder: Nach vier Jahren hielt er erneut um Ilonas Hand an. Die junge Frau war verwirrt, sie war aufgewühlt und wusste nicht, was sie davon halten sollte - also wollte sie ihn erst mal sehen. Doch als er dann kam, wusste sie, dass sie niemals einen anderen lieben würde. Sie heirateten also noch einmal und bekamen in den nächsten Jahren drei Söhne. Kálmán Mikszáth wurde einer der berühmtesten Schriftsteller des Landes, Mitglied der Akademie und bis zu seinem Lebensende Abgeordneter im Parlament. Bis zu ihrem Tod blieben er und Ilona in zärtlicher Liebe verbunden.