Am 3. Januar 1945 wurde das "Komitee für unamerikanische Umtriebe" im US-Repräsentantenhaus etabliert. Die Folgen waren unrühmliche schwarze Listen, unfreundliche Zeugen und der unselige Joseph McCarthy.
Das Unwort des Jahres wird hierzulande seit 1991 gewählt. Ein Unwort, sagt der Duden, ist ein "unschönes, unerwünschtes Wort". Dass sich gerade der Begriff "Unwort" als Unwort eignen würde, muss an dieser Stelle unerörtert bleiben. Nur das unvermeidliche Präfix "Un-" soll uns hier beschäftigen. Denn es kommt ungewöhnlich häufig vor. Das "Un-" nämlich verneint die Bedeutung des Adjektivs, mit dem es untrennbar verbunden ist. Zum Beispiel in "unreif", "unanständig" oder "unamerikanisch". Letzteres ist - zugegeben - als Beispiel ein wenig unvorteilhaft, weil man vor der Verneinung eines Adjektivs ja ungefähr wissen sollte, was man verneint. Was also ist amerikanisch? Und was ist demnach unamerikanisch?
Ungeheuer und Hearings
Am 3. Januar 1945 wurde ein "Komitee für unamerikanische Umtriebe" als ständiger Ausschuss im US-Repräsentantenhaus etabliert. Dies kam reichlich unerwartet. Das Komitee existierte unter anderem Namen schon seit 1934. Als temporärer Ausschuss hatte es anfangs vor allem deutsch-amerikanische und japanische Faschisten ins Visier genommen. Bald aber machte es nur noch Jagd auf Linke und vermeintlich Linke. Weil die amerikanische Öffentlichkeit unzufrieden war mit der Arbeit des Komitees, sollte es 1945 eigentlich abgeschafft werden. Nur dem unverfrorenen Vorgehen des konservativen Abgeordneten Rankin aus Mississippi war es zu verdanken, dass das Komitee nicht nur unbeschadet, sondern fortan auch unbefristet schalten und walten konnte. Auf Rankins Gesetzesvorlage beim Kongress folgte unverzüglich eine Abstimmung, die das Komitee - hoppla hopp - zur ununterbrochenen Dauereinrichtung machte.
Das Time-Magazin wähnte damals die Bürgerrechte Amerikas in Gefahr, falls dieser Ausschuss in "unveranwortliche Hände" geraten sollte. Was dann auch geschah: Das Komitee witterte bald überall, in ganz Amerika, kommunistische und sozialistische Ungeheuer: unter den Beamten, an den Schulen und natürlich bei den vermeintlich linken Schauspielern und Drehbuchautoren Hollywoods. In so genannten Hearings machte das Komitee gegen Ende der 1940er-Jahre unverhohlen deutlich, dass unbeschadet nur davon kommt, wer seine Kollegen verpfeift. Wer hingegen schweigt, gilt als "unfreundlicher Zeuge", verliert seine Arbeit oder kommt gar ins Gefängnis - wie jene zehn Filmschaffenden, die als "Hollywood Ten" in die US-Geschichte Eingang fanden. Auch Stars wie Charlie Chaplin wurden als unamerikanisch verfolgt. Andere, wie etwa Walt Disney, arbeiteten unverhohlen mit den Behörden zusammen.
Kunst der Verneinung
Unrühmliche "Schwarze Listen" mit den Namen politisch Unerwünschter führte aber nicht nur Hollywood. Auch Schriftsteller wie Bert Brecht oder Thomas Mann wurden als unzuverlässig verdächtigt. Spitzelwesen und Denunziation waren unweigerlich die Folge dieser Kommunistenhatz, die ihren Höhepunkt in den 1950er-Jahren fand: mit unwürdigen Bücherverbrennungen und unanständigen Hetzkampagnen eines unseligen Herrn namens Joseph McCarthy. Am Ende war der Unerbitterliche selbst für Amerika untragbar. McCarthy wurde 1954 entmachtet, der antikommunistische Feldzug aber fand seine ungebrochene Fortsetzung. Erst 1975 wurde das "Komitee für unamerikanische Umtriebe" aufgelöst - unwiderruflich!
Übrigens, das Präfix "Un-" muss nicht unweigerlich eine Verneinung bedeuten, es kann auch eine Steigerung des eigentlichen Wortinhalts anzeigen. Unkosten oder Unmengen etwa gelten in der Regel als besonders groß. Sind demnach also die als unamerikanisch Verfolgten eigentlich die amerikanischsten Amerikaner? Ein schwierige Frage - sie bleibt wohl weiterhin unbeantwortet.