Die SED wollte mittelständische Betriebe rasch in Volkeigentum überführen und suchte sich als Testfall die Hotels an der Ostseeküste aus. Am am 2. Januar 1953 begannen die Vorbereitungen zur "Aktion Rose".
Ein Hotelzimmer kann man auf unterschiedliche Weise buchen. Man kann anrufen, einen Brief oder ein Telegramm schicken - heutzutage wird man wohl eher simsen oder mailen. Vielleicht geht man auch ins Internet und bucht über eines der vielen Hotelreservierungsportale. Das Wichtigste jedenfalls ist schnell gesagt: Wer, wann und wie lange? Mit Frühstück oder ohne? Halb- oder Vollpension? Raucher oder Nicht-Raucher? Und so weiter. Wer sich als potenzieller Hotelgast so verhält, unterscheidet sich ganz wesentlich von jenen Herrschaften, die sich 1953 in größeren Gruppen in den Hotels zahlreicher Ostsee-Badeorte "einmieteten". Wobei "einmieten" das falsche Wort ist. Denn es war kein Kuraufenthalt, sondern eher ein Überfall, auch wenn die Aktion damals einen blumigen Tarnnamen trug: "Aktion Rose".
400 unangemeldete Gäste
Nein, die 400 Volkspolizisten hatten sich vorher nicht angemeldet und ließen die Hoteliers auch bezüglich des Frühstücks und des Abreisetags im Unklaren. Obwohl das Ganze akribisch geplant war. Die Vorbereitungen begannen am 2. Januar 1953, rund sechs Wochen später konnte "Aktion Rose" starten. Unter Absingen "revolutionärer und Heimatlieder" wurden 400 Volkspolizisten mit Autobussen ins Einsatzgebiet gebracht: "Dann ging es nach drei Stunden Schlaf an die Arbeit." Über 400 Hoteliers wurden kurzerhand verhaftet, wegen vermeintlicher Verstöße gegen das "Gesetz zum Schutz des Volkseigentums und anderen gesellschaftlichen Eigentums".
Auf Rügen und in weiteren Orten an der Ostsee sollte damals ein abschreckendes Exempel statuiert werden. Die SED wollte zeigen, dass sie ihr Volkseigentumsschutzgesetz vom September 1952 strikt und zügig umsetzen kann. Erst sollten die Hotels, später die anderen Betriebe in Volkseigentum überführt werden. Schnelle Strafverfahren mit saftigen Zuchthausstrafen für die mittelständischen Unternehmer wurden öffentlichkeitswirksam inszeniert von den SED-treuen Medien, die gegen die Hotel-"Gauner" eifrig wetterten.
Gründe fanden sich fast immer; die Polizisten waren geschult darin, verwertbares Belastungsmaterial zu finden: "West-Waren horten" oder "West-Sender hören", "faschistische Tätigkeit vor 1945" oder "DDR-kritische Gesinnung" - und schon wurde man verhaftet. Die Kriminalisierung sollte die erziehende und abschreckende Wirkung des Gesetzes erhöhen und bei den Werktätigen das Bewußtsein wecken, dass Volkseigentum unantastbar ist.
Ganz schnell auschecken
Aber dann gab es da noch einen weiteren wichtigen Grund für die Hotelenteignungen; einen militärischen. Der Nordosten Rügens sollte zum Kriegshafen, die ganze Region zur "Schutzzone Ostsee" ausgebaut werden. Dafür brauchte man Soldaten, Arbeiter und Volkspolizisten - die mussten untergebracht werden. Warum aber lange in neue Immobilien investieren, wenn man doch so schmucke Hotels vor Ort hatte, die man ohnehin gerade zwangsenteignen wollte. Zwei Fliegen mit einer Klappe also!
Das militärische Vorhaben auf Rügen fiel letztendlich nicht ganz so rigoros aus wie geplant. Aber der Tourismus war trotzdem erst einmal am Boden. Viele der Hotelbesitzer entließ man nach dem Volksaufstand am 17. Juni 1953 wieder aus dem Zuchthaus. Aber rehabilitiert wurden sie nicht; lediglich eine Teilnutzung ihrer Hotels gestand man ihnen zu. Da zogen es dann doch viele vor, aus dem ungemütlichen Hotel namens DDR möglichst schnell ganz auszuchecken.