Manch Knallteufel riecht schon früh Lunte und ist bald Feuer und Flamme für nur eine Berufsrichtung. Der junge Justus Liebig weiß bald: Ich will Chemiker werden! Autor: Hellmuth Nordwig
Spontane Antworten kommen oft von Herzen. So geschehen in der Touristeninformation der Stadt Gießen. Da bittet ein Reisender um einen Prospekt mit Sehenswürdigkeiten - und staunt nicht schlecht über die Rückfrage: "Was wollen Sie denn hier anschauen?" Marketingorientiert ist das nicht, aber ehrlich. Das Zentrum von Gießen ist nun mal keine Perle im schönen Tal der Lahn.
BLUBBER! BRODEL! ZISCH!
Wer sich aber für Chemie interessiert, sollte um Gießen lieber doch keinen Bogen machen. Denn hier ist die Keimzelle dieser Wissenschaft in Deutschland. Und das hat mit einem gewissen Justus Liebig aus Darmstadt zu tun. In dessen Jugend deutet freilich noch nichts darauf hin, außer dass er sich mehr für Knallerbsen als für die Schule interessiert. Dort fliegt er bald raus, und mit der Lehre als Apotheker wird es auch nichts. Denn Justus schafft es, den Dachstuhl der Apotheke in Brand zu setzen. Ist ja auch nicht der ideale Ort für Experimente mit explosiven Stoffen. Der Vater schickt ihn weg. Sollen ihm doch andere die Flausen austreiben. Doch bald ist er wieder da - geflohen aus Erlangen, wo er drei Tage im Karzer verbracht hat. Ende der Karriere, sollte man meinen.
PENG! BUM! KAWUTSCH!
Aber Justus ist da erst 19 und denkt immer noch an Knallkörper. Er zieht nach Paris, denn dort darf er endlich ungestört darüber forschen. Und er hält einen funkensprühenden Vortrag, dem ein gewisser Alexander von Humboldt beiwohnt. Der ist begeistert und empfiehlt dem Großherzog von Hessen, Liebig an die Universität Gießen zu holen. "Er wird ein Professor sein, der dem Vaterlande Ehre erweist", schreibt der berühmte Forschungsreisende. Der Regent fackelt nicht lange: Am 26. Mai 1824 wird Justus Professor, mit gerade 21 Jahren.
Nur die Universität hat der Großherzog nicht gefragt. Sie ist alles andere als begeistert über den Neuzugang. Ist er doch ein "außerordentlicher Professor", und das bedeutet: Außer seinem eigenen Gehalt bringt er gar nichts mit. Keine Mitarbeiter, keine Räume, kein Geld. Zum Glück steht gerade eine Kaserne leer. Im ehemaligen Wachraum darf Liebig ein Laboratorium für zwölf Studenten einrichten.
Die Zustände sind erbärmlich. Der Raum ist ungeheizt, die chemischen Dämpfe können nicht abziehen. Doch in diesem Dunst bildet Liebig zum ersten Mal in Deutschland Chemiker aus, nach französischem Vorbild: Vormittags Vorlesungen, nachmittags Experimente, jeden Samstag eine kleine Zwischenprüfung.