Er ist weltweit einer der führenden Chemiker seiner Zeit. Doch plötzlich brechen in seiner Wahlheimat München andere Zeiten an. Der jüdische Nobelpreisträger Richard Martin Willstätter muss gehen, fordern die Nationalsozialisten. Autorin: Brigit Magiera
"Das ist aber das letzte Mal, dass ich Ihnen einen Juden unterschreibe! " - Der das gesagt hat, ist Ludwig III., letzter Monarch des Königreiches Bayern. 1915 war das. Und unterschrieben hat Ludwig III. eine Berufungsurkunde der Münchner Universität. Der Fachbereich Chemie brauchte einen neuen Professor: Richard Willstätter, hoch angesehener Wissenschaftler, der zuvor in Zürich und Berlin geforscht und gelehrt hat. Als er dem Ruf nach München folgt, ist das für ihn wie nachhause zu kommen: schließlich hat Richard Willstätter in München studiert. Hier hat er seine Doktorarbeit geschrieben, über natürliche Rausch- und Arzneimittel, wie Kokain und das Gift der Tollkirsche.
"Das ist aber das letzte Mal, dass ich Ihnen einen Juden unterschreibe! " - Der das gesagt hat, ist Ludwig III., letzter Monarch des Königreiches Bayern. 1915 war das. Und unterschrieben hat Ludwig III. eine Berufungsurkunde der Münchner Universität. Der Fachbereich Chemie brauchte einen neuen Professor: Richard Willstätter, hoch angesehener Wissenschaftler, der zuvor in Zürich und Berlin geforscht und gelehrt hat. Als er dem Ruf nach München folgt, ist das für ihn wie nachhause zu kommen: schließlich hat Richard Willstätter in München studiert. Hier hat er seine Doktorarbeit geschrieben, über natürliche Rausch- und Arzneimittel, wie Kokain und das Gift der Tollkirsche.
Dahoam is dahoam?
Berühmt wurde Willstätter aber durch seine Photosynthese-Forschung: er fand heraus, wie sich der grüne Pflanzen-Farbstoff Chlorophyll zusammensetzt. Kurz vor Ausbruch des ersten Weltkrieges holte ihn das neu gegründete Kaiser-Wilhelm-Institut für Chemie nach Berlin. Vor den Uni-Gebäuden ließ Willstätter riesige Blumenbeete anlegen: sein Ziel war es, sämtliche Blüten- und Fruchtfarbstoffe zu analysieren. Mit dem Ausbruch des ersten Weltkrieges wird Willstätters Forschung militärisch wichtig: für den Kampf mit Giftgas entwickelt der Chemiker Filtereinsätze für Gasmasken. Außerdem entwickelt er ein neues Narkosemittel auf Kokainbasis.
Forschung im Rosengarten
In den 20er Jahren - er hat mittlerweile den Lehrstuhl in München - widmet er sich den Enzymen und entdeckt deren Bedeutung für Stoffwechsel-Prozesse. Er gilt als einer der weltbesten Wissenschaftler in seinem Bereich. Im großbürgerlichen Münchner Stadtteil Bogenhausen lässt er sich eine kleine Villa bauen. Er lebt dort zusammen mit seiner Tochter Margarete - die Ehefrau Sophie und Sohn Ludwig sind schon lange tot.
Innere Ruhe und Erholung findet der Forscher in seinem Rosengarten, den er selbst angelegt hat. Eine der Rosen trägt sogar seinen Namen, zart lachsrot, das Geschenk eines Züchters, als Anerkennung für seine Erforschung der Pflanzenfarbstoffe.
Professor Doktor Richard Willstätter ist mittlerweile sogar Präsident der Deutschen Chemischen Gesellschaft. Nach dem Putschversuch durch Adolf Hitler 1923 spürt auch er den immer aggressiver werdenden Antisemitismus. Mehrere seiner Doktoranden wenden sich gegen ihn. Gleichzeitig unterschreiben über 300 Studenten eine Solidaritätserklärung für Willstätter. Er tritt trotzdem von seiner Professur zurück. Einige Jahre forscht er noch und kann seine Ergebnisse weiterhin in deutschsprachigen Fachzeitschriften veröffentlichen - bis zur Machtergreifung durch die Nationalsozialisten.