Siebende Scene.
Aemilia bleibt zurük.
Aemilia (indem sie das Schnupftuch aufließt.)
Ich bin froh, daß ich dieses Schnupftuch gefunden habe; das war das erste Geschenk, das sie von dem Mohren empfieng. Mein wunderlicher Mann hat mir schon hundertmal gute Worte gegeben, daß ich es stehlen sollte. Allein sie liebt es so sehr, (denn er beschwor sie, es immer zu seinem Andenken zu behalten,) daß sie es immer mit sich herum trägt, um es zu küssen und damit zu schwazen. Ich will den Riß von der Stikerey abzeichnen, und es dann dem Jago geben; was er damit machen will, weiß der Himmel, nicht ich: Ich habe nichts dabey, als seine Grille zu befriedigen.
Jago tritt auf.
Jago. Wie steht's? Was macht ihr hier allein?
Aemilia. Schmählt mich nicht; ich hab etwas für euch.
Jago. Ihr habt etwas für mich? Es ist etwas gemeines
Aemilia. Wie?
Jago. Ein närrisches Weib zu haben.
Aemilia. O, ist das alles? Was gebt ihr mir für dieses Schnupftuch?
Jago. Was für ein Schnupftuch?
Aemilia. Was für ein Schnupftuch? Wie, das so der Mohr Desdemonen gab; das nemliche, wo ihr mich so lange schon stehlen hiesset.
Jago. Hast du ihr's gestohlen?
Aemilia. Nein; aber sie ließ es aus Versehen entfallen, und da ich zu allem Glük dabey war, so hub ich's auf; sieh, da ist es.
Jago. Du bist ein braves Mensch; gieb mir's.
Aemilia. Was wollt ihr damit machen, daß ihr so ernstlich haben wolltet, daß ich's stehlen sollte?
Jago. Wie, was geht das dich an?
Aemilia. Wenn es nicht zu irgend einem Vorhaben von Wichtigkeit ist, so gebt mir's wieder. Die arme Frau! Sie wird närrisch werden, wenn sie es missen wird.
Jago. Thut nicht, als ob ihr was davon wißt. Ich hab es nöthig. Geh, laß mich allein (Aemilia geht ab.) Izt will ich dieses Schnupftuch in Cassio's Quartier verliehren, und es ihn finden lassen. Die ärmsten Kleinigkeiten sind für eifersüchtige Leute so starke Bekräftigungen, als Beweise aus der Bibel. Dieses Ding kan zu was gut sein. Das Gift das ich dem Mohren beygebracht habe, fangt schon an bey ihm zu würken: Argwöhnische Einbildungen haben in der That die Natur des Gifts, welches man anfangs am Geschmak kaum erkennen kan: aber sobald es ins Blut übergeht, wie eine Schwefel-Mine brennt Das sagt ich!