Ein frommer Mann lebte neben einem Kaufmann, der ihn in den Dingen dieses Lebens um Rat fragte. Der Kaufmann verkaufte Öl und Honig und gewann dabei sehr viel. Der fromme Mann widmete sich ganz dem Dienste Gottes. Deswegen schenkte der Kaufmann ihm in allem Glauben, hatte die Sorge für seinen Unterhalt übernommen und schickte ihm jeden Tag eine bestimmte Menge Öl und Honig. Der Derwisch gebrauchte davon etwas für seinen täglichen Unterhalt, den Rest sparte er sich auf. Im Lauf der Zeit sammelte er sich davon einen Krug an und kam auf den Gedanken, ihn mit Gewinn zu verkaufen. Als er ihn sich eines Tages ansah und in Gedanken versunken war, überlegte er, wieviel Maß Honig und Öl er wohl fasse. Er schätzte ihn auf zehn Maß und sagte: „Das Beste ist, daß ich ihn für zehn Dirhem verkaufe und mir für das Geld zehn Schafe kaufe. Diese werden nach sechs Monaten Junge bekommen und jedes wird zwei Lämmer haben. In einem Jahre werden es vierzig bis fünfzig sein und in zehn Jahren werden daraus Herden entstehen. Davon werde ich einige verkaufen und reich werden. Dann werde ich ein schönes junges Mädchen aus vornehmer Familie heiraten. Diese wird in neun Monaten mir einen Sohn, wie ein Engel, gebären. Nach einiger Zeit werde ich ihn in allen Wissenschaften und Künsten unterrichten. Wenn er dann heranwächst, kann es vorkommen, daß er nicht tut, was ich will. Dann werde ich ihn züchtigen, und zwar werde ich das mit diesem Stocke in meiner Hand tun.“ Er hob den Stock hoch und war so in seine Träumerei versunken, daß er seinen ungehorsamen Sohn vor sich zu haben glaubte, und schlug stark auf den Krug ein. Nun stand [286]der Krug oben auf einem Brett, und er saß darunter. Als er auf den Krug einschlug, zerbrach dieser, und das Öl und der Honig floß ihm über Haar und Bart.