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Die Geschichte vom Goldschmied und Zimmermann

时间:2023-11-23来源:互联网 字体:[ | | ]  进入德语论坛
(单词翻译:双击或拖选) 标签: Geschichte
In den Geschichtsbüchern wird folgendes berichtet. In einer der Städte Azerbaidschans lebten ein Goldschmied und ein Zimmermann, die miteinander sehr befreundet waren. Nun kam es, daß in diesem Lande ihre Arbeit wenig begehrt wurde, ihr Verdienst in die Winde ging und sie in die äußerste Not gerieten. Sie kamen daher überein, daß sie beide das Land verlassen wollten und beschlossen, nach Rūm33 zu wandern. An der Grenze von Rūm trafen sie eine große Kirche und ließen sich dort nieder. Sie sahen dort Götzenbilder, die die Ungläubigen verehrten. Da der Zimmermann in seinem Handwerk ein geschickter Meister war, so schnitzte er aus Holz Bilder nach Art der Götzen, und überall, wohin sie kamen, verkauften sie diese, und lebten davon. Sie hatten die Tracht der ungläubigen Geistlichen angenommen, aber in ihrem Innern waren sie dem wahren Glauben treu geblieben. Des Geschäftes wegen und um sich der Not zu erwehren, hatten sie die Kleider der Ungläubigen angezogen und die Tracht der ungläubigen Mönche und Asketen angenommen. Da sie tatsächlich die verschiedensten Wissenschaften verstanden, so predigten sie in den Ländern, durch die sie kamen, zu den Ungläubigen und ermahnten sie. Deswegen wurden sie sehr geehrt und geachtet. Sie wohnten meistenteils in den Kirchen und sahen die Götzenbilder aus Gold und Silber, deswegen regte sich in ihnen das Verlangen und sie sagten: „Ach, wenn wir doch bei Gelegenheit eins davon stehlen und so unsere Armut lindern und die Krankheit der Not heilen könnten!“ Sie durchzogen das ganze Land Rūm und kamen zu einer Kirche in der Umgegend von Konstantinopel. Einige Zeit beteten und fasteten sie darin nach den religiösen Gebräuchen der Ungläubigen und erteilten Rat und Ermahnung den Ungläubigen, so daß hoch und niedrig an sie glaubte, sich an ihrem Gebet erfreute und sich von ihnen bepusten ließ. Viele wurden ihre Schüler und hielten [187]ihre Fürbitte für nutzbringend und ihr Bepusten für gleichwertig mit dem wunderbaren Atem des Messias.34
 
Eines Tages gab der Kaiser ein großes Fest und lud das ganze Volk und alle Geistlichen dazu ein. Auch sie wurden besonders eingeladen. In ihrer Antwort sagten sie: „Wir wollen durch das Fest nicht unser Fasten unterbrechen und wollen während des Gottesdienstes nicht an weltlichen Genüssen teilnehmen. Wir dienen andauernd Gott und widmen unsere Zeit dem Gebete für das Glück des Kaisers.“ Die Geistlichen kamen, küßten ihnen die Hand und gingen zum Gastmahle des Kaisers. Die beiden blieben jenen Tag allein in der Kirche.
 
Nun war in jener Kirche ein großer Götze, aus reinem roten Golde gearbeitet. Auf den hatten die beiden Diebe es abgesehen. Als es Abend wurde und die Dunkelheit herrschte, nahmen sie den Götzen von seinem Platze, trugen ihn aus der Kirche, gruben an einer geeigneten, menschenleeren Stelle eine Grube und legten den Götzen hinein. Dann kamen sie wieder zurück, blieben jeder an seinem Orte und widmeten sich dem Gottesdienst und dem Fasten.
 
Nach einiger Zeit kamen die Kirchendiener und suchten den Götzen. Der wertvolle Götze war nicht zu finden, an seiner Stelle wehten die Winde. Unter den Geistlichen entstand ein Streit, und sie verdächtigten sich gegenseitig. Aber der Verdacht gegen den Goldschmied und den Zimmermann kam ihnen nicht einmal in den Sinn, denn da diese so fromm und enthaltsam waren, so war es ungereimt, ihnen eine derartige Betrügerei zuzumuten, und ganz unmöglich, daß sie ihn gestohlen haben könnten. Jedoch berichteten die Geistlichen ihnen von der Geschichte, erzählten ihnen von dem Kummer ihres Herzens und sagten, daß der Götze verschwunden sei. Da enthüllten diese ihr Haupt, rissen sich Haupt- und Barthaare aus, schlugen sich mit den Händen auf die Knie und weinten so sehr, daß allen Bewohnern des Götzentempels ihr Herz brannte. Der Goldschmied und der Zimmermann sagten: „Schon [188]seitdem wir hierherkamen, rechneten wir mit dieser Möglichkeit und ahnten, daß er euch verlassen werde, denn ihr habt es an Ehrfurcht und Hochachtung fehlen lassen, indem ihr ihn nicht genug geehrt habt und Tag und Nacht ihn allein gelassen habt. Wir sagten immer zueinander: ‚Unser Gott wird unvermutet aus Zorn über sie sich in den Himmel zurückziehen und sich beim Messias beschweren.‘ Nun hat sich also unsere Befürchtung erfüllt. Ihr habt den hohen Götzen beleidigt und er hat aus Zorn euch jetzt verlassen und ist zum Himmel emporgestiegen. Ihr müßt nun mit seinem Groll rechnen. Von jetzt ab wird kein Heil und Segen in diesem Lande sein und kein Gebet erhört werden. Wir werden nun nicht länger in diesem Lande bleiben. Wir werden es verlassen und in ein anderes gehen.“ Alle Geistlichen baten und flehten sie unter Wehklagen an, daß sie aus Mitleid mit ihnen nicht ihr Land verlassen möchten, da Hoffnung sei, daß durch den Segen ihrer geheiligten Anwesenheit die Buße angenommen und der Gott wiederkommen werde, während nach ihrer Abreise die Lage sehr schwierig würde.
 
Aber der Goldschmied und Zimmermann wiesen mit rauher Hand ihre Bitte zurück und hörten nicht darauf. Nach einigen Tagen verabschiedeten sie sich von den Geistlichen und gingen weg. Als es Abend wurde, kehrten sie um, holten den Götzen von der Stelle, wo sie ihn verborgen hatten und setzten ihre Reise fort. Nach einiger Zeit kamen sie wohlbehalten und reich nach Azerbeidschan.
 
Das Gold war bei dem Goldschmied, und sie führten beide ein bequemes Leben. Der Zimmermann sagte eines Tages zum Goldschmied: „Bruder, das Gold ist bei dir, führe sorgfältig Rechnung, daß keiner von uns zuviel erhalte.“ Der Goldschmied verwaltete es auch in Rechtlichkeit. Allmählich aber verführte ihn der Teufel und senkte die Habsucht in sein Herz. Er sagte zu sich: „Was ist das für eine Dummheit. Die ganze Geschichte von dem Golde kennt außer uns beiden niemand. Was ich bis jetzt dem [189]Zimmermann an Geld gegeben habe, genügt. Wie wäre es, wenn ich den Rest ableugnete?“ Gedacht, getan. Als nun der Zimmermann nach seiner Gewohnheit zum Goldschmied kam und etwas Gold verlangte, sagte der Goldschmied: „Was für Gold willst du? Das ist alles ausgegeben und erledigt. Ich habe kein Gold mehr.“ So leugnete er es völlig ab, jedoch der Zimmermann war sehr klug und verständig. Er trat dem Goldschmied nicht entgegen, zeigte ihm auch nicht, daß er sich ärgere, sondern war wie früher freundlich mit ihm und sagte: „Schön, Bruder, wenn vom Gelde nichts mehr da ist, möge uns wenigstens die Gesundheit bleiben. Was wollen wir uns des Goldes wegen aufregen? Die Bestimmung des Goldes ist, ausgegeben zu werden. Das ist geschehen, und nun ist es zu Ende. Möge Gott uns am Leben erhalten. Betrübe dich deswegen nicht.“ Mit diesen Worten tröstete er den Goldschmied, aber im Innern war er fest davon überzeugt, daß der Goldschmied den Weg des Betruges betreten habe. Er sagte sich, daß es unmöglich sei, das Gold mit Gewalt zu erlangen, daß dazu viele Listen und viele Geduld nötig sei. Er veränderte also nicht sein Benehmen dem Goldschmied gegenüber und behandelte ihn äußerlich ebenso freundlich wie früher, und wenn er mit ihm sprach, war er liebenswürdig zu ihm. So verkehrten sie miteinander, ohne daß er lange Zeit etwas ahnen ließ. Der Goldschmied rechnete es dem Zimmermann als größte Dummheit an, daß er seinen Worten vom Ende des Goldes geglaubt hatte und ihm nicht entgegengetreten war, und dachte, er habe ihm wirklich geglaubt.
 
Inzwischen machte der Zimmermann in seinem Hause ein unterirdisches Gemach und schnitzte aus Holz eine Figur, die an Wuchs und Gestalt, Form und Aussehen dem Goldschmied glich. Diese Gestalt bekleidete er mit Kleidern, ganz wie sie der Goldschmied trug, und stellte sie in dem unterirdischen Gemache auf. Er fand zwei junge Bären, nahm sie mit und band sie in dem unterirdischen Gemache jener Figur gegenüber mit Ketten an. Jeden Tag, [190]wenn die jungen Bären gefüttert werden sollten und sie sehr hungrig waren, legte er auf die beiden Schultern der vor ihnen stehenden Goldschmiedsfigur je ein Stück Fleisch. Sobald sie das Fleisch sahen, zerrten sie, um dort hinzugelangen. Wenn er sie dann von der Kette losgemacht hatte, sprangen sie auf die Figur, nahmen von jeder Schulter das Stück Fleisch und fraßen es auf. So wurden sie gefüttert und bekamen jeden Tag zweimal Fleisch. Deshalb gewöhnten sich ihre Augen an die Figur des Goldschmiedes. Selbst wenn sie angekettet waren, bewegten sie Kopf und Ohren nach der Figur und machten aus Gier nach dem Fleisch allerlei spaßhafte Bewegungen. So machte der Zimmermann die jungen Bären völlig mit der Figur des Goldschmiedes vertraut. Dann lud er eines Tages den Goldschmied nach der zwischen ihnen bestehenden Gewohnheit in sein Haus ein. Der Goldschmied hatte zwei Jungen, die er ohne weitere Förmlichkeiten mit zur Gesellschaft brachte. Man setzte sich nieder und unterhielt sich lange. Nach der Mahlzeit sagte der Goldschmied zum Zimmermann: „Bruder, ich will jetzt in meinen Laden gehen, schicke meine Söhne nach Hause.“
 
Als der Goldschmied gegangen war, nahm der Zimmermann die beiden Jungen, steckte sie in ein abgelegenes Zimmer seines Hauses und schloß die Tür zu. Dann brachte er die in dem unterirdischen Gemache befindliche Figur des Goldschmiedes anderswohin und ließ die jungen Bären ordentlich hungern.
 
Am Abend ging der Goldschmied von seinem Laden nach Hause und sah, daß seine Jungen noch nicht da waren. In Aufregung ging er im Dunkel in das Haus des Zimmermanns und sah, daß die Jungen auch dort nicht waren. Er fragte ihn, wo sie seien. Dieser antwortete: „Bruder, ich habe keine Ahnung. Sie sind bald nach dir gegangen. Ich habe sie nicht mehr gesehen und weiß auch nichts von ihnen.“ Der Goldschmied ging wieder nach Hause, indem er dachte, daß sie vielleicht, als er zum [191]Zimmermann ging, einen anderen Weg nach Hause gegangen seien. Er sah überall nach, aber die Kinder waren nicht da. In seiner Aufregung konnte er nicht schlafen. Gegen Morgen ging er nach allen vier Himmelsrichtungen auf die Suche. Er ließ es auch durch Ausrufer bekannt machen. Aber niemand hatte sie gesehen.
 
Da zerriß der Goldschmied sich seinen Kragen35, ging zum Zimmermann und sagte zu ihm: „Jetzt schaffe mir meine Kinder herbei, denn ich habe sie bei dir gelassen.“ Sie wurden handgemein und die alte Freundschaft verwandelte sich auf einmal in Feindschaft. Schließlich gingen sie beide zum Kadi und erhoben einen Prozeß vor dem Gericht. Der Goldschmied berichtete dem Kadi die ganze Sache. Der Kadi fragte den Zimmermann, was er dagegen zu sagen habe. Dieser antwortete: „Ja, es ist richtig. Er hat die Jungen bei mir gelassen. Aber nachdem er gegangen war, sind sie zu Bären geworden. Ich habe sie in einem unterirdischen Gemache eingeschlossen. Da sind sie noch.“ Der Kadi sagte: „Rede nicht Unsinn. Im Islam gibt es keine Verwandlungen. Unter den früheren Propheten hat es Seelenwanderungen gegeben, aber seit dem Auftreten Mohammeds kommt etwas Derartiges nicht mehr vor. Suche die Knaben.“ Darauf antwortete der Zimmermann: „Ja, in den Büchern steht tatsächlich so, und die Gemeinde Mohammeds ist von solcher Seelenwanderung befreit. Aber Gottes Weisheit hat sich an den Kindern dieses Mannes gezeigt. Gott weiß, wegen welcher Schlechtigkeit dieses Mannes dies den unschuldigen Kindern passieren mußte.“ Der Kadi blickte auf die neben ihm Sitzenden und sagte: „Gläubige Gemeinde, tatsächlich kommt in der Gemeinde Mohammeds keine Seelenwanderung mehr vor, aber dieser Zimmermann redet sehr vernünftig, so müssen wir denn notgedrungen selbst hingehen und sehen.“ Die Zuhörer schlossen sich dem Kadi an und gingen mit dem Goldschmied in das Haus des Zimmermanns. Dieser öffnete das unterirdische Gemach [192]und alle traten ein. Da die jungen Bären an die Gestalt des Goldschmiedes gewöhnt waren, so stürzten sie auf ihn, als sie den Goldschmied an Stelle der Figur sahen, und umschmeichelten ihn mit allerlei Freundlichkeiten und Spielereien. Sie schauten immer auf den Goldschmied, bewegten Ohren und Hals und benahmen sich in der Erwartung auf Fressen höchst sonderbar. Als dann der Zimmermann sie von der Kette befreit hatte, sprangen sie ihm jeder auf eine Schulter und leckten ihm Hals und Ohren.
 
Als der Kadi und alle Leute dies sahen, waren sie erstaunt und sagten: „Was sollen wir tun und sagen? Das ist Gottes Sache. Wir sind alle nicht im Zweifel, daß diese jungen Bären deine Kinder sind.“ Damit gingen sie fort. Der Zimmermann gab die Kette der jungen Bären dem Goldschmied in die Hand und sagte: „Da, Bruder, nimm deine Söhne.“
 
Da begriff der Goldschmied die Sache und sah ein, daß er, wenn es auch möglich wäre, äußerlich den Zimmermann zu besiegen, doch nur an Stelle seiner beiden Söhne zwei Bären zugesprochen erhalten würde. Er wußte, daß es eine List war, die ihm wegen seiner Habgier gespielt sei und, um das Geld von ihm zu erlangen, ins Werk gesetzt sei. Was sollte er tun? Er zog den Zimmermann in eine Ecke und sagte: „Bruder, dein Anteil von dem Golde ist bei mir. Komm, ich will dir, soviel du willst, und noch mehr von deinem Anteil geben. Mache mich nicht zum Gespötte der Welt.“ Der Zimmermann antwortete: „Bruder, deine Söhne sind bei mir. Bringe das Gold und nimm deine Söhne.“
 
Der Goldschmied brachte das gesamte Gold, empfing seine Söhne gesund und wohlbehalten und brachte sie nach Hause. Aber ihre alte Freundschaft hatte sich des Geldes wegen in Feindschaft verwandelt und in List und Trug verändert. 
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