Die Lichter der Straßen leuchteten hell und erhellten seinen Weg, an den Straßenränder standen kleine Weihnachtsbäume, hübsch dekoriert und verziert mit allem Kitsch, welches das Fest der Liebe in hohen Umfang zu bieten hatte und versuchten, jene typische Idylle zu kreieren, künstlich, leuchtend und doch farblos, als er diesen entlang ging. Leise rieselte der Schnee und bedeckte die Straße vor ihm, hinter ihm waren nur seine Spuren im Schnee, die bald verblassten und ausgelöscht wurden, so dass sich keiner mehr daran erinnern konnte, ein Schicksal, das er mit ihnen teilte.
In seinem Herzen herrschte Dunkelheit, er war so fern von jenem Lichtermeer, das ihn regelrecht aufsaugte und zwang darin zu fast zu ertrinken.
Häuser erstrahlten in neuem Glanz, Weihnachtsmänner und elfenhafte Wesen, tummelten sich in Vorgärten und belagerten in zahlreicher Zahl die Stadt. Bunte Bilder hingen an den Fenstern, in ihrem Farbenspiel, sollten sie die Wirklichkeit verschleiern, die Sicht der Realität trügen, und dienten dem alleinigen Zweck, nur noch das Weihnachtliche zu sehen.
Die Luft war geschwängert von dem Duft von Lebkuchen und von Marzipan, frisch gebackene Plätzchen überlagerten sie, zogen mit ihm durch die Straßen und begleiteten ihn zusammen mit seinem unstillbaren Hunger, sie wurden zu engen vertrauten auf seinem Weg in den Tod. Manches Feuer brannte und leuchtete lichterloh, die Häuser wirkten gemütlich und warm, sowie das Meer aus Lichtern, das Trost und eine Art von Wärme spendete, Wärme die hier draußen nichts zählte, denn dort wo die Wirklichkeit begann, hinter all dem verlogenen Kitsch und Kommerz, lag eine schier eisige Welt.
Die stille und heilige Nacht, war eine kalte Nacht und die grünen Blätter der Tannenbäume, wirkten für ihn wie farblose Nadeln, kleine spitz zulaufende Dolche, die in die Herzen der Menschen stachen und jene bunte Lichter, die sie vertraut und friedlich erschienen ließen, waren nichts anderes als Lockstoffe, um ahnungslose in ihre Falle zu locken, der Falle Weihnachten.
Längst vergessene Lieder drangen aus den Häusern und wurden vom Wind getragen und beflügelt, so bannten sie sich ihren Weg durch die Stadt, dabei überfielen sie Menschen und machten ihnen das Herz schwer, sowie sie auch solche brachen und entfachten eine gefährliche Art von Hoffnung. Träume begannen aufzulodern, längst vergessene Bilder entstanden in den Köpfen von Menschen, Erinnerungen an eine Zeit in der es kein Leben auf der Straße gab, wo tägliches Essen und warme Kleidung, sowie Arbeit und eine sinnvolle Existenz ihre Leben prägten, längst vergangene Lieder gaben Kraft für die kalten Tage, Tage in denen ihnen ihre Einsamkeit bewusst wurde, die Depressionen brachten und alte Wunden, sowie tiefsitzende Schmerzen erneut aufbrechen und aufleben ließen.
Die Tage wurden kürzer, die Nacht dominierte, Dunkelheit und Kälte legten sich über die Welt und brachten unter anderem die Weihnachtszeit.
Der Mantel den er trug war alt, alt und dreckig wie er selbst, spendete nur noch sehr wenig Wärme, viel zu wenig wenn er sich damit Nacht für Nacht einwickelte und sein Nachtlager auf der Straße einrichtete. Die Schuhe deren Leder rissig war und ihn schon durch viele Straßen und Nächte trugen, waren treue Begleiter und sein weniges Hab und Gut, welches er noch besaß.
Einst hatte er ein Haus und eine Familie, einst hatte er sogar ein Leben, doch schien diese Zeit, schier endlos weit in der Vergangenheit zu liegen, vielleicht auch in einem anderen Leben, fern von seinem jetzigen Dasein, von seinem dahin vegetieren und warten auf den Tod.
Die Liebe, was war das noch? Nur das Wort ist geblieben, schwach an Bedeutung, falls sie je eine Besaß, wird jetzt wieder größer geschrieben. Längst vergessene Gesichter tauchen plötzlich vor einem auf, heucheln ihre Glückwünsche, in ihren leeren Augen, in ihrem Ausdruckslosen Gesicht, versuchen sie verzweifelt jene Weihnachtsidylle wieder zu spiegeln, heucheln ihre Interesse an den anderen, spiegeln wieder den Kitsch in den Straßen, Augen versuchen wie ein Lichtermeer zu strahlen, schwefliger Atem versucht den Geruch von Lebkuchen zu imitieren, ausgesprochene Lügen wirken wie längst vergessene Weihnachtslieder, es beginnt eine Zeit in der die Liebe wieder ausgesprochen wird, auch wenn niemand so recht weiß, was sie bedeutet, Geschenke statt schlechtes Gewissen, ohne Aussage, das Papier ist bunt, doch der Inhalt ist schwarz weiß, als Symbol der Liebe, so wird sie verpackt und unter einen Baum gelegt, einfach so und unkompliziert.
Nur noch ein Wort, so hallte es gerade jetzt immer wieder durch seinen Kopf und taucht immer wieder in seinen Gedanken auf, Erinnerungsfetzen an seine Frau, lösten jene chemische Reaktion aus und entfachten dadurch schmerzliche Gedanken, denn echte Liebe kann wehtun, er hatte seine Erfahrungen gesammelt, was blieb war Kälte und Dunkelheit, sowie Leere, die Straße vor ihm als Symbolträger, eine Metapher die sich quer durch das ganze Land erstreckte und eine nie enden wollender Weg war, der ihn direkt in die Hölle führte. Die kurzen und schöne Augenblicke in seinem Leben, waren die Lichter an den Straßenrändern, angereichert von Kitsch und Lügen, waren sie nie von Dauer und dünngesät. Was blieb waren schmerzliche Erinnerungen.
Mit dem Abend kam dann die Müdigkeit, so ließ er sich einfach in einer stillen und abgelegen Gasse nieder, kauernd denn es war kalt, dort beendete er seine Reise und verließ die Straße, fern von allen Lichtern.
Seine Hände waren in seinen Taschen begraben, Finger umschlossen etwas, spielten damit und berührten den kalten blanken Stahl, vielleicht ein Weihnachtsgeschenk?
Von weitem drang das Leuten von Kirschturmglocken in seine Ohren, es war Weihnachten, die Bescherung hatte begonnen, eine einzelne Träne lief über sein Gesicht und während andere ihre Geschenke öffneten, öffneten sich wieder andere, all jene, welche vor den Lebkuchenhäusern fälschlicher Harmonie standen, ihre Adern und so nahm er sein Messer und vollzog schließlich sein Weihnachten, sein Blut färbte den Schnee tödlich rot und beendete in seinem friedlichen Fließen, sein Fest der Liebe.
Frohe Weihnachten!