Gretchen sah die kleine Wäsche, die so blühweiß vor ihr lag, und es kam ihr in den Sinn, wie Lene schon für sie gesorgt hatte in einer Zeit, von der sie nichts mehr wußte. Sie gab Lene einen Kuß und sagte: „Ich möchte auch etwas für dein Kindchen tun, was kannst du wohl dafür brauchen?“
„Fürs erste ist gesorgt,“ sagte Lene, „aber später, wenn es Gottes Wille ist, daß das Kind groß wird und alles in der Schule so schwer ist, wie es bei dir immer war, wenn ich die Sachen nicht recht verstehe oder vielleicht gar nicht mehr am Leben bin, dann hilfst du meinem Kind, gelt, Gretchen?“ „Ja,“ sagte Gretchen, „ich weiß schon, was du meinst, sie muß immer die erste sein, sonst bist du ja nicht zufrieden!“
Lene machte die Bettchen wieder zurecht und schloß sorgfältig die Kammer. Gretchen schickte sich an heimzugehen. „Ich begleite dich durch den Hof,“ sagte Lene, „ich habe da ein Stück Fleisch übrig, das will ich der base bringen. Ach Gretchen, mit der base ist mir eine schwere Last aufgelegt. Sie wird immer elender und nun klagt sie immer, wie einsam sie sei, und sagt, wir sollten sie doch zu uns nehmen in die Kammer neben unserer Schlafstube. Sie meint, es wäre so bequem, wenn sie mich nachts rufen könnte und bei Tag in unserer Stube sitzen. Und dann sagt sie wieder, sie wisse wohl, daß sie mir zu gering sei. Ach Gretchen, zu gering ist sie mir ganz gewiß nicht, aber ich weiß keinen Menschen, der so verdrießlich ist wie sie! Wenn ich sie ins Haus nehme, ist mir’s, als wenn mir’s Regenwetter bis ins Zimmer hereinkäme.“
„Kann sie keine Pflegerin zu sich nehmen, ist sie zu arm dazu?“
„Sie wäre gar nicht so arm, sie bekommt viel aus der Kasse, aber bei ihr ist’s so: sobald sie Geld hat, schickt sie ihr Schnapsfläschchen zum Füllen. Die Buben müssen ihr’s besorgen, der Kleine hat mir’s verraten. Da heißt’s immer: ‚Hol mir den Schnaps, sag’s dem Vater nicht, dann kriegst auch einen Schluck.‘ Es ist nichts nutz für die Kinder! Ich hab’s lang nicht begriffen, warum sie so gern zu der Bas gehen, aber jetzt weiß ich’s; sie gibt ihnen auch oft ein paar Pfennige zum Naschen. Es wäre freilich besser, sie wäre bei mir, dann könnte ich nach allem sehen.“
„Ja, vor dir müßte sie sich schämen, Schnaps zu trinken.“
„Ganz könnt’ sie’s wohl nicht mehr lassen.“
„O Lene, du dauerst mich; wenn du sie nicht zu dir nimmst, ist’s nicht gut, und wenn du sie nimmst, ist’s gar nicht mehr nett bei dir!“
„Ich kann mir’s noch überlegen bis zum Ziel, vorher rede ich noch mit deiner Mutter.“ Lene und Gretchen standen längst an dem Punkt, wo sich ihre Wege trennten.
„Adieu, Lene,“ sagte Gretchen, „komm nur bald zur Mutter, sie muß einen Ausweg finden.“
„Ja, nach eurer Gesellschaft komme ich, vorher hat deine Mutter keine Zeit.“
„Ach ja, die Gesellschaft, die Frau Batz, die aus einem Ei zwei macht!“