Dem König tat sein Kind leid, und weil nun doch einmal Geburtstag war, sagte er: „Na meinetwegen, entscheide du, was mit dem Buben werden soll.“
„Willst du bei mir bleiben oder nach Hause gehen?“ fragte die holdselige Prinzessin den Kaspar fröhlich.
„Heim,“ schluchzte der, „heim will ich, heim!“
„So lauf,“ rief die Prinzessin und klatschte in die Hände. Da lief der Kaspar wie gejagt zum Schloß hinaus, er fürchtete, sie köpften ihn vielleicht doch noch. Er rannte über die Straßen und Plätze, am Kloster vorbei, bis er draußen im Walde war; da fiel er um vor Müdigkeit und Hunger und schlief bums ein.
Es war eine beschwerliche Wanderung für den Buben. Um ein Stückchen Brot mußte er oftmals lange bitten, nichts bekam er als Brot und Wasser; die Schuhe hatte er sich auch schon durchgelaufen, und seine Füße wurden wund, und ganz krank und elend kam er eines Tages wieder daheim an.
Im Abendsonnenglanz sah er die Heimat vor sich liegen, und sie kam ihm viel, viel schöner vor als die weite Welt da draußen. Weil der Kaspar nun nicht mehr unsichtbar war, erblickten ihn gleich seine Schwestern. Die riefen laut über den Burghof: „Unser Kaspar ist wieder da!“
Seite 228Der Bube mußte nun seine Erlebnisse erzählen, und der Vater meinte, eigentlich hätte er tüchtige Prügel verdient, er hätte aber wohl schon Strafe genug gehabt, darum sollte ihm verziehen sein. Die Mutter nahm ihren Buben in die Arme und sagte nur leise: „Ich habe so viel um dich geweint!“
Dieses Wort tat dem Kaspar weher als aller Hunger, alle Schmerzen und alle Angst, und er gelobte sich still im Herzen, den Eltern fortan ein guter Sohn zu sein. Das hat er auch gehalten. Er hat auch nie wieder in seinem Leben einen Wichtelmann gesehen und gefangen, nur manchmal, wenn er Beeren oder Reisig im Walde suchte, dann hörte er ein leises, leises Kichern; das waren die Geistlein, die ihn auslachten. Mitunter rief auch wohl neckend ein feines Stimmlein: „Willst du wieder Farnsamen? Willst du wieder unsichtbar sein?“