Keiner wollte öffnen.
„Da ist jemand", sagte der Vater überflüssigerweise.
„Ein Einbrecher?", rief P.F.O.T.E. aufgeregt und sprang vom Stuhl.
„Einen kleinen Moment bitte." Dann fing er an zu bellen, mit seiner sehr tiefen, sehr lauten Hundestimme.
Die Gläser klirrten im Schrank, Tischplatte und Fensterscheiben vibrierten und Papa hielt sich die Ohren zu.
„Perfekt", sagte Mama begeistert. „Das schreckt jeden Einbrecher ab."
Es klingelte wieder.
„Ich fürchte nur, wir können jetzt nicht behaupten, dass wir hier drin keinen Hund haben."
Papa stand auf.
Janne und Flip hielten die Luft an.
Sie lauschten seinen Schritten und warteten auf das Quietschen der Haustür.
Papa öffnete nur einen winzigen Spalt.
„Ja bitte?", fragte er.
„Entschuldigen Sie", sagte eine fremde Männerstimme. „Haben Sie einen Hund bei sich?“
„Natürlich nicht“, sagte Papa, dann besann er sich.
„Doch, natürlich. Sie haben ihn ja gehört. Unser Hund hat Sie für einen Einbrecher gehalten."
„Ich glaube, ich kenne ihn", sagte der fremde Mann. Aber in diesem Moment stürzte P.F.O.T.E. schon durch die Küchentür, schlidderte über die Fliesen im Flur und sprang dem fremden Mann in die Arme.
„Paul!", jubelte er. „Ich wusste doch, dass du mich besuchen kommst!"
Paul konnte erst einmal nichts erwidern, weil P.F.O.T.E. ihm durchs Gesicht leckte.
Endlich beruhigte sich P.F.O.T.E. Er setzte sich auf den Boden und schüttelte sich.
„Ein vollkommener Hund darf Freude zeigen", sagte er wie zu sich selbst. „Aber er darf nicht zu stürmisch sein."
Paul ging vor ihm in die Hocke und streichelte ihm über die Ohren.
„Ich freue mich sehr, dich zu sehen", sagte er. „Ich habe mir Sorgen gemacht."
„Gehört er etwa Ihnen?", fragte Papa misstrauisch. „Sie müssen wissen, meine Kinder haben ihn nur gefunden und ..."
Paul winkte ab. „Ich möchte ihn nicht mitnehmen. Aber wenn Sie mich einlassen, kann ich Ihnen vielleicht einiges erklären.“
Papa sah P.F.O.T.E. fragend an.
„Er ist mein Freund“, sagte P.F.O.T.E. „Du kannst ihn ruhig hereinlassen.“
Paul begrüßte Janne, Flip und Mama, setzte sich mit an den Tisch und nahm dankend eine Tasse Kaffee an.
„Sie wissen also schon, um welchen Hund es sich handelt?", fragte er mit einem Blick auf das Faltblatt, das noch auf dem Tisch lag.
„Wir geben ihn nicht her!", schrie Flip.
Er sprang von seinem Stuhl und nahm P.F.O.T.E. fest in die Arme.
Paul räusperte sich.
„Er ist der vollkommene Hund. Er vereint alle Fähigkeiten, die Hunde haben können, in einer Rasse. Er hat keinen Fehler. Er besitzt zwanzigmal so viele Riechzellen wie andere Hunde. Er bellt nur einmal am Tag, außer, wenn ein Einbrecher kommt. Er gehorcht dreiundneunzig von hundert Befehlen – hundertprozentiger Gehorsam gefällt den Menschen gar nicht, wissen Sie. Das haben Umfragen ergeben. Er ist genügsam, intelligent, treu und zuverlässig. Er kann Schafe hüten, Lawinenopfer ausgraben, Blinde führen, mit Kleinkindern spielen und alten Damen Kekse aus der Hand fressen ..."
„Das ist alles großartig, aber wir können ihn nicht kaufen“, sagte Papa schnell. „Er ist sicher teuer und so viel Geld haben wir nicht.“
Paul schüttelte den Kopf. „Es geht um etwas anderes. Die Wissenschaftler von Pet-o-Lab haben ein großes Ziel: Sie möchten alle anderen Hunderassen abschaffen, und nur noch Hunde wie P.F.O.T.E. sollen übrig bleiben."
„Was?" Janne starrte ihn an.
„Wozu soll das gut sein?“, fragte Mama.
„Sie meinen, dass dann keine anderen Hunde mehr gebraucht werden. Und was nicht gebraucht wird, wird abgeschafft. So ist das nun mal. Keine Schäferhunde, keine Pudel, keine Labradorhunde, keine Chihuahuas, keine Doggen, keine Collies, keine Pinscher und erst recht keine Mischlinge", erklärte Paul.
„Wie gesagt, ein P.F.O.T.E.-Hund kann alles. Er ist als Spielhund, Jagdhund, Schutzhund, Blindenhund, Knuddelhund geeignet. Und jeder, der sich in Zukunft einen Hund anschaffen will, muss sich bei Pet-o-Lab einen Hund wie P.F.O.T.E. kaufen. Für viel Geld natürlich. Es wird ein Bombengeschäft."
„Das ist eine Schweinerei", sagte Papa empört. „Hunde gehören allen Menschen!"
„Und jeder neue Hund wird genauso sein wie dieser hier", fuhr Paul fort.
„Nie im Leben." Mama schüttelte den Kopf. „Was für eine verrückte Idee ist denn das?"
Janne sah Flip an. Jetzt war klar, was das merkwürdige Bild im Prospekt zu bedeuten hatte!
Die Forscher wollten alle darauf abgebildeten Hunde abschaffen: die Pudel, die Doggen, die Dackel, die Labradorhunde, die Collies, die Chihuahuas ...
„Und welche Rolle spielen Sie in diesem krummen Geschäft?", fragte Papa streng.
„Ich bin Wissenschaftler", sagte Paul. „Ich kenne die Direktorin von Pet-o-Lab sehr gut.“
Paul rieb mit der Handfläche über die Tischplatte.
„Genau genommen ist sie meine Mutter. Aber wir sind nicht immer einer Meinung. Ich finde es gut, dass es viele verschiedene Hunde gibt, nicht nur eine einzige Sorte. Wir haben uns schon oft deswegen gestritten."
„Ist P.F.O.T.E. denn bis jetzt der einzige dieser neuen und vollkommenen Hunde?", fragte Mama.
„Er hat drei Geschwister, aber die sind nicht ganz so gut gelungen wie er", sagte Paul. „Sie haben noch kleine Fehler."
„Wo sind die denn überhaupt?", fragte P.F.O.T.E. aufgeregt. „Ist meine Mutter bei ihnen?"
„Sie sind alle zusammen untergebracht", berichtete Paul.
„Es geht ihnen gut. Ihnen gefällt es unter der Erde. Sie sind kein bisschen neugierig, und alle Versuche der Wissenschaftler machen ihnen Spaß."
„Haben Sie P.F.O.T.E. freigelassen?", fragte Janne neugierig.
„Aber nein", wehrte Paul schnell ab. „Das würde ich meiner Mutter nicht antun. Es war ein Versehen. Jemand hat vergessen, die Tür zu schließen. Ich habe P.F.O.T.E. allerdings nicht wieder eingefangen, als ich ihn entdeckt habe."
„Und jetzt?", fragte die Mutter.
„Ich werde Sie nicht verraten“, versprach Paul.
„Ich wollte Sie nur über die Absichten der Wissenschaftler informieren, damit Sie abwägen können, was zu tun ist. Und ich möchte Ihnen einen Tipp geben.“
Er beugte sich vor und sprach jetzt sehr leise.
„Nehmen Sie P.F.O.T.E. möglichst oft das auffällige Halsband ab. Auf keinen Fall sollte er damit nach draußen gehen. Am besten wäre es, er trüge es eine Weile überhaupt nicht. Legen Sie ihm ein normales Halsband um und nehmen Sie eine Leine mit, wenn Sie mit ihm unterwegs sind. Ich bin mir fast sicher, dass die Wissenschaftler ihn ohne sein Sprachhalsband überhaupt nicht erkennen."
„Aber ohne mein Sprachhalsband kann ich ja gar nichts mehr sagen", wandte P.F.O.T.E. ein.
„Du kannst dann so viel sagen wie andere Hunde auch“, stellte Paul fest.
Und dann hatte P.F.O.T.E. eine geniale Idee.