Wie gewöhnlich nahm Scrooge sein trübseliges Mahl in seinem gewohnt tristen Gasthaus ein. Er las zuerst alle Zeitungen, bevor er sich den Rest des Abends mit der Durchsicht der Rechnungsbücher beschäftigte. Danach begab er sich auf den Heimweg.
Scrooge wohnte in den düsteren Räumen, die früher sein verstorbener Partner bewohnt hatte. Es handelte sich um eine Reihe von Räumen in einem finsteren Gebäude in einem noch finstereren Hof. Dies alles schien jetzt alt und traurig, niemand außer Scrooge wohnte hier. Die übrigen Räume waren als Geschäftsräume vermietet.
So ging Scrooge in den dunklen Hof, der so düster war, dass er sich mit den Händen weitertasten musste. Bis er zu seinem Türklopfer kam. Scrooge kannte ihn genau und es war nicht mehr daran zu sehen als jeden Abend und jeden Morgen, wenn der fantasielose Scrooge nach Hause kam.
Es ist wichtig zu erwähnen, dass Scrooge seit dem Tod seines Geschäftspartners vor sieben Jahren nicht mehr an Marley gedacht hatte. Wenn man all dies in Betracht zieht, ist es schwer zu erklären, dass Scrooge ausgerechnet heute in dem Klopfer nicht einfach nur seinen Türklopfer erkannte, sondern Marleys Gesicht.
Ja, tatsächlich. Marleys Gesicht. Es lag nicht im Schatten sondern strahlte in gespenstischem Schein, wie ein faulender Hummer im Kellerloch. Es blickte weder wütend noch wild, sondern sah Scrooge mit gewöhnlichem Gesichtsausdruck an. Wie Marley eben - mit gespenstischer Brille auf die geisterhafte Stirn geschoben, das Haar vom Wind zerzaust.
Als Scrooge noch einmal konzentrierter hinsah, erkannte er wieder den Klopfer vor sich. Mutig drehte er den Schlüssel, trat ein und zündete das Licht an. Dann rief er: "Blödsinn!", und warf die Tür hinter sich ins Schloss. Es klang wie ein Donner durchs Haus, dass das Echo vom oberen Stockwerk bis hinunter zu den Kellern des Weinhändlers zu hören war.
Doch Scrooge ließ sich nicht von einem Echo einschüchtern. Nachdem er die Tür verriegelt hatte, ging er durch die Halle, langsam die Treppe hinauf; lediglich die Kerze diente ihm als Beleuchtung. Jedoch kümmerte Scrooge die Dunkelheit keinen Deut, denn sie war billig. Und das mochte Scrooge sehr gerne. Trotzdem kontrollierte er zuerst die Räume, denn das Gesicht spukte ihm immer noch im Kopf herum.
Wohnraum, Schlafzimmer, Rumpelkammer - alles Normal. Niemand unter dem Tisch, niemand unter dem Sofa. Im Kamin brannte ein kleines Feuer, daneben lag ein Gedeck bereit und ein kleiner Topf mit Haferbrei. Niemand befand sich unter dem Bett, niemand im Schrank, keiner unter seinem Schlafrock, der in eigenartiger Haltung am Haken hing. Wie gewohnt - der alte Kaminschirm, ein Paar alte Schuhe, zwei Fischkörbe, ein Waschtisch auf drei Beinen und ein Schürhaken.
Zufrieden schloss Scrooge die Tür und drehte ausnahmsweise den Schlüssel zweimal um, was so gar nicht seiner Gewohnheit entsprach. Nun nahm er das Halstuch ab, zog Schlafrock und Pantoffeln an. Er setzte sich vor den Kamin, die Nachtmütze auf dem Kopf und begann, seinen Haferbrei zu essen.
Während Scrooge über die jüngsten Geschehnisse nachdachte, fiel sein Blick zufällig auf einen unbenutzten Klingelzug, der ohne Zweck im Zimmer hing. Irgendwie musste er mit den Räumen im Obergeschoss in Verbindung stehen, so viel wusste er jedenfalls. Erstaunt stellte er fest, dass die Klingel sich zu bewegen begann. Anfangs ganz fein, immer lauter werdend, bis alle Klingeln im Hause dem Beispiel folgten.
Tief unten hörte man ein klirrendes Geräusch, als ob im Keller des Weinhändlers jemand Ketten über die Fässer schleifte. Scrooge erinnerte sich daran, gehört zu haben, dass Geister, die in alten Häusern umherspukten, mit Ketten rasselten. Die Kellertür flog ins Schloss und er hörte, dass das Geräusch die Treppe heraufkam, bis vor seine Tür.
Obwohl Scrooge es nicht glauben wollte, wurde er blass, als der Spuk unerwartet vor seinen Augen durch die Tür ins Zimmer trat. Beim Eintritt schnellte die kleine Flamme hoch, als wollte sie rufen: "Ich erkenne ihn! Es ist Marley, Marleys Geist!" Dann nahm das Feuer wieder ein normales Ausmaß an.