Herr von Villefort war in einem Wagen vor der Tür des Arztes vorgefahren. Er läutete mit solcher Heftigkeit, dass ihm der Portier mit erschrockener Miene öffnete. Villefort stürzte zur Treppe, ohne dass er die Kraft hatte, etwas zu sagen. Er stieß die Tür zum Zimmer des Arztes auf.
"Ah", sagte der Doktor, "Sie sind es?"
"Ja, ich bin es. Sind wir alleine? Doktor, unser Haus ist ein verfluchtes Haus.
"Gibt es wieder einen Kranken?"
"Ja, Valentine, nun ist sie an der Reihe", rief Villefort verzweifelt.
"Ihre Tochter!", rief der Arzt voller Staunen und Schrecken.
"Sie sehen, Sie haben sich getäuscht. Ich flehe Sie an, kommen sie mit mir."
Nun, da der Arzt erkannte, dass der Verdacht auf das Mädchen falsch gewesen sein musste, eilte er in Villeforts Haus. Er fand alle in Angst.
Zur selben Zeit war Morel bei Monte Christo angekommen. Der junge Mann erschien, nur zwei Stunden nachdem er den Grafen verlassen hatte, mit völlig verstörtem Gesicht.
"Was gibt es denn, Maximilian? Sie sind bleich und ihre Stirn ist schweißbedeckt.
Morel erzählte, wie er Valentine in einem schlimmen Zustand angetroffen hatte. Sie war mehrmals zu Boden gefallen, von Krämpfen geschüttelt. Der Graf wurde ebenfalls blass, denn diese Entwicklung hatte er nicht vorhergesehen.
"Aber sie lebt noch?"
"Ja!"
"Und Sie lieben sie sehr, Maximilian?"
"Mehr als mein Leben!"
"Gehen Sie nach Hause, ich werde mich um alles kümmern. Vertrauen Sie mir, Maximilian."
Währenddessen waren im Hause Villefort alle um das kranke Mädchen versammelt. "Ach", seufzte Frau von Villefort, "das arme Kind! Ich dachte ihre Übelkeit wäre nicht weiter von Bedeutung."
Der Arzt verfolgte die Mimik des Großvaters Noirtier. Er erkannte, dass dieser ihm etwas mitzuteilen hatte. Also ließ er Valentine auf ihr Zimmer bringen, und verlangte, mit dem Greis allein gelassen zu werden.
Dann verging eine halbe Stunde mühseliger Unterredung. Der Arzt tastete sich mit Fragen, auf die der Greis mit Ja oder Nein antwortete heran. Vieles musste er nur vermuten, um es sich danach durch eine Augenbewegung bestätigen zu lassen. Immerhin, danach wusste er: Valentine hatte eine Aussicht auf Rettung. Der Großvater, der bereits ahnte, dass Valentine bald an der Reihe war, dem Giftmörder zum Opfer zu fallen, hatte ihr jeden Tag ein wenig aus seiner Karaffe zu trinken gegeben.
So hatte sie sich nach und nach an das Gift gewöhnt, und den Anschlag überstanden. Aber noch war der Giftmischer nicht erkannt, noch schwebten alle in tödlicher Gefahr, vor allem Valentine.
Der Staatsanwalt vergrub sich in seine Arbeit, fest entschlossen, für alle Verbrecher noch härtere Strafen anzuordnen, um selbst Vergessen zu finden.
In dem Augenblick, als der Doktor das Haus des Staatsanwaltes verließ, mietete sich ein italienischer Priester im Nachbarhaus ein. Der neue Mieter hieß Signor Busoni und noch am selben Abend begannen Bauarbeiter das alte Haus auszubessern.