Bevor Albert von Morcerf die Oper aufsuchte, ging er nach Hause. Er fand seine Mutter in ihrem Zimmer, das sie seit der öffentlichen Demütigung am Vortag nicht mehr verlassen hatte.
"Mutter", sagte Albert, "kennen Sie irgendeinen Feind von Herrn von Morcerf?"
Mercedes bebte, es war ihr nicht entgangen, dass ihr Sohn nicht "von meinem Vater" sagte.
"Sie sind eine so kluge Frau, zum Beispiel bemerkten Sie, dass der Graf von Monte Christo nicht bei uns hatte essen wollen."
Mercedes erhob sich zitternd: "Herr von Monte Christo? Und welchen Zusammenhang hat dies mit der Frage, die du mir eben gestellt hast? Er ist nicht unser Feind. Wie kommst du darauf? Wenn ich eine Bitte an dich richten darf, so bleibe in gutem Einvernehmen mit ihm."
"Mutter", rief der junge Mann, "Sie haben wohl Ihre Gründe, dass Sie mir das sagen…"
"Vor drei Tagen bist du mit ihm in die Bretagne gereist, und hast ihn noch als deinen Freund betrachtet", unterbrach ihn Mercedes. "Albert, es geht mir nicht gut, bitte leiste mir Gesellschaft."
"Mutter, ich wäre gerne zu Ihren Diensten, das wissen Sie, aber eine dringende Angelegenheit zwingt mich, Sie heute Abend alleine zu lassen." Mit diesen Worten verließ Albert seine Mutter.
Der Graf von Monte Christo saß, schwarz gekleidet, in seiner Loge. An seiner Seite befand sich Kapitän Maximilian Morel. In der ersten Pause riss Albert von Morcerf die Tapetentür auf und drang zu ihm ein.
"Siehe da! Guten Abend Herr von Morcerf. Nehmen Sie Platz", begrüßte ihn der Graf höflich.
"Wir sind nicht hier, um heuchlerische Höflichkeiten auszutauschen, sondern um eine Erklärung von Ihnen zu fordern, Graf", zischte der junge Mann.
"Eine Erklärung in der Oper? Ist das in Paris so üblich?", fragte der Graf ruhig.
Albert schleuderte Monte Christo seinen Handschuh ins Gesicht. Der Graf nahm diese Geste zur Kenntnis und erwiderte kühl: "Vicomte, ich nehme Ihre Forderung zum Duell an, aber gehen Sie jetzt, sonst lasse ich Sie von meinem Diener hinauswerfen!"
Albert eilte hinaus, blind vor wütender Leidenschaft.
Maximilian Morel neige sich dem Grafen zu: "Was haben Sie Albert getan?"
"Nichts", antwortete der Graf. "Es geht um seinen Vater. Haydee ist die Tochter von Ali Pascha, und die Pairskammer kennt jetzt die Verbrechen des Grafen von Morcerf an ihrem Vater und ihr!"
"Ich verstehe! Aber was werden Sie mit Albert machen?"
"Mit Albert? Nun, ich werde ihn morgen Vormittag um zehn Uhr töten", erklärte Monte Christo ruhig.
Ehe Maximilian etwas erwidern konnte, öffnete sich die Tür wieder und der Journalist Beauchamps trat ein: "Herr Graf", sagte er. "Albert von Morcerf hatte sicher Unrecht, in solche Hitze zu geraten. Dennoch bitte ich Sie in seinem Namen um eine Erklärung, dass Sie keine Verbindung mit den Ereignissen in Ioannina haben!"
"Herr Beauchamps", antwortete Monte Christo. "In unser beider Adern fließt Blut, das wir zu vergießen Lust haben. Sagen Sie dem Vicomte, morgen werde ich die Farbe seines Blutes zu sehen bekommen!"
"So bleibt mir nichts übrig, als die Bedingungen für den Zweikampf festzulegen. Pistolen, morgen um acht Uhr, im Wald von Vincennes." erwiderte Beauchamps, völlig aus der Fassung gebracht. Dann entfernte er sich. Und der Graf lehnte seinen Arm auf die Brüstung, um dem Gesang zu lauschen, den er leidenschaftlich liebte.