Nur wir drei stürzten an Deck und soffen uns voll mit der frischen Luft. Die Mannschaft blieb unsichtbar.
Die Nautilus begann eine reißende Fahrt und wir wussten wieder einmal nicht, wohin sie uns bringen würde. Am 31. März befanden wir uns auf der Höhe des Kap Hoorn, der Südspitze Südamerikas. Wir blieben im Atlantik und fuhren der Küste Südamerikas folgend in Richtung Norden.
Am 20. April fuhren wir in ungefähr fünfhundert Meter Tiefe durch riesige Tangwälder. "Das sind wahre Polypenhöhlen. Es würde mich nicht wundern, wenn wir eines dieser Tiere zu sehen bekämen", erklärte ich.
Wir unterhielten uns über riesenhafte Meerpolypen und Ned Land verwies meine Erzählungen ins Land der Märchen. Doch ich ließ nicht locker und erzählte von einem Vorfall auf der Alceton im Jahr 1861 nordöstlich von Teneriffa.
Dort hatte die Mannschaft versucht eine solche Riesenkrake zu fangen. Doch sie war so schwer, dass lediglich ihre Schwanzflosse abriss und das Tier verschwand.
"Na, das hört sich schon wahrscheinlicher an", brummte der Kanadier, "und wie groß war das Biest?"
"Etwa sechs Meter im Durchmesser?", schlug Conseil vor, der aus dem Fenster blickte.
"Ja, so etwa."
"Und hatte es acht Fangarme am Kopf, die wie Schlangen durch das Wasser wühlten?"
"Allerdings!"
"Und hervorquellende Augen sowie ein ungeheuerliches Maul?"
"In der Tat, mein lieber Conseil."
"Dann ist es entweder er, oder sein Bruder", brüllte Conseil. Wir stürzten sofort zum Fenster und ich konnte meinen Ekel kaum unterdrücken. Vor uns bewegte sich ein schreckliches Monster, das uns aus graugrünen Augen anstarrte. Jeder seiner acht Arme war mit ungefähr zweihundert Saugnäpfen bestückt, die teilweise schon an der Nautilus klebten. Das Untier war gut und gerne zwanzigtausend Kilogramm schwer.
Wahrscheinlich war es durch unsere Anwesenheit gereizt. Ich setzte mich vor das Fenster, um meine Aufzeichnungen zu machen, als die Nautilus plötzlich still stand. Der Kapitän trat in den Salon und erklärte, dass sich ein Arm in der Schaube verfangen hatte.
"Wir werden dem Tier mit der Axt auf dem Leib rücken. Wir tauchen auf und vernichten gleich seine gesamte Brut. Mit den elektrischen Kugeln können wir bei diesem weichen Fleisch nichts ausrichten, also kämpfen wir."
"Wenn Sie meine Hilfe annehmen, Kapitän, wird meine Harpune eine brauchbare Waffe sein", bot sich Ned Land an.
"Gerne!"
"Wir kommen auch mit."
Auf der Treppe standen bereits zehn Mann mit Enterbeilen bewaffnet. Conseil und ich bekamen Äxte und Ned hielt seine Harpune bereit. Als sich die Luke öffnete, drang ein Arm voller Saugnäpfe zu uns herein.
Nemo hieb auf ihn ein und trennte ihn ab. Wir stürzten nach oben, aber da griffen bereits zwei weitere Arme an. Sie griffen nach dem ersten Matrosen und rissen ihn aus dem Schiffsleib in die Höhe. Nemo war mit einem Schrei an Deck. Der Unglückliche drohte zu ersticken und rief in Todesangst um Hilfe. Zu meinem Erstaunen sprach er französisch. Er war ein Landsmann!
Er schien für immer verloren. Nemo hackte einen Arm nach dem anderen ab und wir kämpften gegen die anderen Kraken. Bestimmt hundert Arme streckten sich nach uns aus und ich hatte das Gefühl, dass für jedes abgeschlagene Glied ein neues nachwuchs.
Plötzlich traf uns eine tintenschwarze Ladung und wir konnten für eine Weile nichts sehen. Als sich die Wolke lichtete, erkannten wir, dass die Krake mit meinem Landsmann verschwunden war. Kaum hatte ich das wahrgenommen, wurde Ned von dem Schlag eines Polypen zu Boden gebracht.
Der Kapitän eilte herbei und platzierte einen geschickten Axthieb. Ned nutzte den Augenblick, sprang auf und jagte dem Tier seine Harpune ins Herz.
Der Kampf hatte ungefähr fünfzehn Minuten gedauert, dann ergriffen die übrigen Tiere die Flucht. Wir stiegen hinunter und ich sah noch, wie Nemo blutverschmiert, hoch aufgerichtet auf der Plattform stand und ins Meer starrte.