»Oh!« erwiderte der Spitzel, »überallhin würde ihm jemand folgen, der den Auftrag hat, ihn zu töten, wenn er das Lager bestiehlt. Eine Kasse läßt sich auch nicht so leicht entführen wie ein junges Mädchen aus gutem Hause. Übrigens ist Collin auch unfähig, so etwas zu tun, er würde sich entehrt vorkommen.«
»Sie haben recht«, wiederholte Poiret, »er wäre vollkommen entehrt.«
»Aber all das beweist uns noch nicht«, bemerkte die Michonneau, »warum Sie nicht selbst einfach kommen und sich seiner bemächtigen.«
»Gut, mein Fräulein, ich will Ihre Frage beantworten. Aber«, fügte er leise hinzu, »achten Sie doch darauf, daß der Herr mich nicht unterbricht, sonst kommen wir niemals zu Ende. Er ist offenbar recht eingebildet, daß er sich selbst so gern hört. Als Trompe-la-Mort nach Paris kam, ist er als ehrlicher Mensch aufgetreten, er ist Bürger der Stadt geworden und hat sich in einer unauffälligen Pension einquartiert. Er ist gerieben, und man wird ihm niemals ohne weiteres auf die Sprünge kommen. Herr Vautrin ist sehr geachtet, er macht große Geschäfte.«
»Natürlich«, sagte Poiret vor sich hin.
»Der Minister will sich nicht die ganze Pariser Handelswelt und die öffentliche Meinung zum Feind machen, falls man einen wirklichen Vautrin verhaften sollte; die Stellung des Polizeipräfekten ist nicht sehr fest, er hat viele Feinde. Wenn ein Irrtum unterlaufen sollte, so würden die Anwärter auf seinen Posten das Gekläff und Geschrei der Liberalen ausnutzen, um ihn zu stürzen. Man muß genauso vorgehen wie in der Affäre Coignards, des falschen Grafen von St. Helena; wenn es damals ein wirklicher Graf von St. Helena gewesen wäre, wie hätten wir dagestanden? Man muß sich vergewissern!«
»Ja, aber dazu haben Sie eine hübsche Frau nötig«, sagte Fräulein Michonneau lebhaft.
»Trompe-la-Mort würde nicht auf eine Frau hereinfallen«, sagte der Spitzel. »Hören Sie ein Geheimnis: Er liebt die Frauen nicht.«
»Dann sehe ich allerdings durchaus nicht ein, wozu ich dann dienen soll, falls ich es, sagen wir, für 2000 Francs täte.«
»Nichts ist leichter als das«, sagte der Unbekannte. »Ich werde Ihnen ein Fläschchen mit einer Flüssigkeit geben, die eine ungefährliche Lähmung hervorruft, ähnlich einem Schlaganfall. Man kann die Droge ebensogut in Wein wie in Kaffee schütten. Sie legen den Mann sofort aufs Bett und entkleiden ihn, angeblich um zu sehen, ob sein Zustand nicht lebensgefährlich ist. Sobald Sie allein sind, geben Sie ihm einen Schlag auf die Schulter, paff!, und Sie werden sehen, wie die Buchstaben T.F. erscheinen.«
»Aber das ist ja rein gar nichts«, sagte Poiret.