In Deutschland gibt es ein Institut, an dem das Schreiben von literarischen Texten gelehrt wird. Pro Jahr werden nur 20 Studenten zugelassen. Doch das Studium ist keine Garantie für eine Karriere als Schriftsteller.
Nachdem Jörn Dege sein Mathematik- und Philosophiestudium beendet hatte, wollte er etwas Neues machen. Er bewarb sich mit 20 Seiten Text beim Deutschen Literaturinstitut in Leipzig. Obwohl er noch nie etwas veröffentlicht hatte, erhielt er einen der 20 Studienplätze – und das bei 600 Bewerbern. Seitdem besucht der 26-Jährige Vorlesungen in Literaturgeschichte oder bekommt Tipps für den Alltag eines freischaffenden Schriftstellers.
Aus dem Institut sind schon einige bekannte Autoren hervorgegangen. "Da gibt es Juli Zeh, Clemens Mayer oder Tobias Hülswitt", zählt der Geschäftsführer Claudius Nießen auf. Er weist seine Studenten aber auch darauf hin, dass man durch das Studium nicht automatisch zum Schriftsteller wird. Darüber sind sich die Studenten im Klaren. Nebenjobs oder ein zweites Studium sind deshalb völlig normal.
Im Zentrum des Studiums stehen die Texte der Studenten. Sie werden in Workshops von den Kommilitonen besprochen. Jörn Dege sieht in den Gesprächen mit den anderen eine große Chance für seine Weiterentwicklung. Sein Kommilitone Andreas Stichmann dagegen glaubt, dass das Institut überschätzt wird: "Man sitzt im Seminar und bespricht mit 20 Leuten den Text. Beeinflussen tut mich das nicht."
Und was meinen die Verleger? Michael Faber, Leiter des Leipziger Verlages Faber & Faber sagt: "Auf Grund der Tatsache, dass (…) beträchtliche Talente aus dem Literaturbetrieb hervorgegangen sind, hat sich die Aufmerksamkeit (…) erhöht." Verleger und Lektoren würden jetzt selbst auf das Institut zugehen. Die Chancen auf eine Schriftstellerkarriere stehen also gut, wenn man es erst einmal bis zum Literaturinstitut geschafft hat. Dann muss man nur noch durchhalten und den Nerv der Zeit treffen.
Glossar
literarisch – so, dass etwas zur Literatur zählt (z.B. Romane, Gedichte, Erzählungen usw.)
jemanden zulassen – hier: jemandem einen Studienplatz geben
Vorlesung, die – eine Veranstaltung an der Universität, bei der ein Professor einen Vortrag hält
freischaffend – so, dass man keinen festen Arbeitgeber hat; selbstständig
aus etwas hervorgehen – aus etwas entstehen; von etwas kommen
jemanden auf etwas hinweisen – jemanden auf etwas aufmerksam machen
sich über etwas im Klaren sein – etwas genau wissen
Nebenjob, der – ein Job, mit dem man ein wenig Geld verdienen kann
Kommilitone, der / Kommilitonin, die – der/die Mitstudent/in
etwas besprechen – über etwas sprechen
etwas überschätzen – zu viel von etwas erwarten; etwas zu gut bewerten
Beeinflussen tut mich das nicht. – umgangssprachlich: Das beeinflusst mich nicht.
Verleger/in, der/die – jemand, der Bücher veröffentlicht
beträchtlich – ziemlich groß
Lektor/in, der/die – jemand, der in einem Verlag für die Auswahl und Korrektur von Büchern zuständig ist
auf jemanden zugehen – hier: jemanden kontaktieren; mit jemandem Kontakt aufnehmen
durchhalten – Geduld haben und mit einer Sache weitermachen
den Nerv der Zeit treffen – hier: über ein Thema schreiben, das aktuell viele Menschen interessiert