"Gammelfleischpartys sind peinlich und Zornröschen nervig." Alle, die jetzt kein Wort verstanden haben, können sich in Jugend- wörterbüchern informieren. Doch ob Jugendliche tatsächlich so sprechen, ist fraglich.
Jugendsprache wird häufig kritisiert: Viele Erwachsene sehen in ihr den Verfall der deutschen Sprache oder eine Bedrohung durch Anglizismen. Dabei denken sie vielleicht an Wörter wie "cool" oder "krass" – und übersehen, dass Jugendliche oft sehr kreativ in ihrem Sprachgebrauch sind.
Doch jetzt berufen sich immer mehr Verlage auf diese Kreativität. Sie suchen das Jugendwort des Jahres im Internet und sammeln Wortneuschöpfungen in so genannten Jugendwörterbüchern. Dort werden dann Begriffe wie "Zornröschen" (zickiges Mädchen) oder "Gammelfleischparty" (Party für Leute über 30) als Jugendsprache verkauft. Der Nutzen solcher Wörterbücher ist allerdings umstritten.
Eva Neuland, Sprachwissenschaftlerin an der Universität Wuppertal, bezweifelt, dass Jugendliche diese Begriffe tatsächlich verwenden. Sie glaubt, "dass dies Erfindungen von Leuten sind, die so was professionell machen." Neuland hält das für eine Vermarktungsstrategie: "Es wird mit dem Thema Jugendsprache sehr viel Geld in unserer Gesellschaft gemacht, eben weil Jugendlichkeit ein so positiver Faktor für uns alle ist."
Eines steht jedenfalls fest: Jugendsprache ist etwas, das Erwachsene nicht verstehen sollten, wie Professorin Neuland erläutert: "Wenn andere Gruppen in der Gesellschaft diesen Sprachgebrauch übernehmen, dann verliert Sprache die abgrenzende Funktion für die Jugendlichen."
Glossar
nervig – sehr störend
fraglich – hier: unsicher; zweifelhaft
Verfall, der – der immer schlechter werdender Zustand
Anglizismus, der – ein Wort, das aus dem Englischen in die deutsche Sprache übernommen wurde
krass – extrem; umgangssprachlich: besonders gut; besonders schlecht
etwas übersehen – etwas nicht sehen; etwas nicht erkennen
kreativ – mit neuen Ideen
sich auf etwas berufen – hier: etwas als Grund für sein/ihr Handeln nennen
Verlag, der – ein Unternehmen, das Bücher, Zeitschriften oder Zeitungen veröffentlicht
Wortneuschöpfung, die – das Erfinden eines ganz neuen Wortes
zickig – umgangssprachlich: wenn (meist) Frauen oder Mädchen schnell ihre Laune ändern und andere damit stören
etwas als etwas verkaufen – dafür sorgen, dass etwas in einer bestimmten Weise dargestellt wird
umstritten – so, dass es verschiedene Meinungen zu etwas gibt
etwas bezweifeln – nicht an etwas glauben
professionell – hier: beruflich; als Beruf
Vermarktungsstrategie, die – ein Plan, wie etwas am besten verkauft werden kann
Faktor, der – hier: etwas, das eine bestimmte Wirkung hat
feststehen; etwas steht fest – etwas ist entschieden; etwas ist sicher
sich abgrenzen – durch bestimmte zeigen, dass man anders ist als andere