Die Ostsee ist krank. Die Wasserwerte sind schlecht: zu wenig Sauerstoff, vor allem aber: zu viel Schwefel. Der kommt aus den Schornsteinen vieler Schiffe. Doch es gibt Hoffnung für den Patient Ostsee.
Die schwarze zähe Masse im Probenglas auf dem Tisch der Kieler Wasserschutzpolizei ist dasAbfallprodukt der Raffinerien. Und es ist auch der Brennstoff der Frachter und Fähren. "Wenn man das Glas aufschraubt, dann sieht man, der Stoff istzähflüssig wie Asphalt", sagt Markus Mackerinus von der Kieler Wasserschutzpolizei. Damit der Stoff überhaupt zupumpen ist, werde er mitHeizöl gemischt und habe dann ungefähr die Konsistenz von Sirup, erzählt Mackerinus.
In diesem Sirup steckt jede MengeSchwefel, bis zu 4,5 Prozent. Das ist zu viel, denn Schwefeldioxid, wie es aus den Schornsteinen der Schiffe qualmt, löst sich im Wasser, wird zu Schwefelsäure und trägt so zur Übersäuerung der Meere bei.
Doch es gibt Hoffnung: Ab Mitte Mai gibt es ein neues Gesetz. In der gesamten Ostsee dürfen nur noch Schiffe mit schwefelarmem Brennstoffen fahren: 1,5 Prozent Schwefelanteil ist der neue Grenzwert.
In der Kieler Bunkerstation, einer Art Tankstelle für Schiffe, überlegt man derzeit, ob sich ein extra Tank für den schwefelarmen Brennstoff lohnt, denn noch weiß keiner, wie dieNachfrage sein wird. Und ein zweiter Tank verursacht natürlich Kosten. "Die Schiffe, die in die Ostsee fahren, müssen den schwefelarmen Brennstoff nehmen, die in Richtung Nordsee fahren, können noch das schwefelhaltige Produkt fahren. So dass wir hier beidesvorhalten müssen", sagt Lagerhalter Werner Schlüter.
Treibstoff mit wenig Schwefel ist teurer, und so bahnt sich am Rotterdamer Markt bereits eine Preisexplosion an. Eine Tonne schwefelarmer Brennstoff kostet zurzeit schon 30 Dollar mehr als schwefelreicher Brennstoff - Tendenz steigend. Ein großes Containerschiff tankt immerhin bis zu 12.000 Tonnen Treibstoff.
Für die Reedereien kann die Umstellung auf schwefelarmen Treibstoff also ziemlich teuer werden. "Es gibt Spekulationen, dass es bis zu 80 Dollar pro Tonne hoch gehen wird", sagt Michael Rebbelmund von der Bunkerstation in Kiel.Voraussichtlich ab Mitte 2007 gilt die Vorschrift "schwefelarm" dann auch für die Nordsee und für den Ärmelkanal.