Tabak ist nicht nur zum Rauchen da
Tabak schadet nicht nur - jetzt hilft er auch. Forscher entdeckten, dass man damit einen Impfstoff herstellen kann, und zwar gegen Borreliose. Vielleicht kommt irgendwann sogar die essbare Impfung.
Bereits seit Urzeiten werden Pflanzen als Heilmittel verwendet. Jahrhundertelang glaubte man, dass auch die Tabakpflanze ein Heilmittel sei. Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts geriet Tabak wegen seiner gesundheitsschädlichen Folgen in Verruf - und wurde seitdem verteufelt. Bis jetzt. Anscheinend hat jede Pflanze eine positive Eigenschaft, auch die Tabakpflanze.
Dies haben nun Forscher deutscher Universitäten in Würzburg, Heidelberg und Freiburg bewiesen. Sie nutzen die Tabakpflanze zwar nicht als Heilmittel, jedoch als Impfstoffproduzent. Dabei werden die Zellen der Tabakblätter und ihre grünen Partikel, die Chloroplasten, verwertet.
Obwohl alle Pflanzen Chloroplasten besitzen, hat sich in Deutschland die Tabakpflanze zu Forschungszwecken etabliert. Denn sie wurde als bisher einzige Pflanze gentechnischen Veränderungen unterzogen. Dadurch konnte die Menge an Chloroplasten gesteigert werden, sagt Dr. Heribert Warzecha von der Forschergruppe.
Bisher mussten immer Bakterien bei der Impfstoff-Herstellung helfen, weil man sie brauchte, um Proteine zu verändern. "Die Chloroplasten schaffen dies auch", sagt Warzecha. Der Trick: Man führte den grünen Teilchen den Bauplan eines bestimmten Proteins zu.
Dadurch produzierten die kleinen grünen Zellen automatisch Fettsäuren. Nur wenn die Proteine mit den Fettsäuren angereichert sind, können sie als Impfstoff wirksam werden.
Für erste Tests hatten die Forscher Mäuse auserkoren, weil sie oft Borreliose-Erreger in sich tragen. Zecken saugen dann das Blut mit den Erregern von den Mäusen ein und geben diese so an Tiere und Menschen weiter. Bei verspäteter Behandlung führt Borreliose zu schmerzhaften Gelenkentzündungen oder Nervenstörungen - einen Impfstoff gibt es in Deutschland bisher nicht. Doch da das Immunsystem der Borreliose-infizierten Mäuse nach der Tabak-Impfung sofort ansprang, schlossen die Forscher: Zukünftig können Impfstoffe mithilfe der Tabakpflanze gewonnen werden.
Die europäischen Forscher denken noch einen Schritt weiter. Wenn man Impfstoffe über Gemüse, wie Tomaten oder Salat produzieren könnte, wäre die Impfung "essbar". Doch "die Forschung steckt noch in den Kinderschuhen", sagt Warzecha. Denn der Nikotingehalt der Tabakpflanze müsse erst gesenkt, Nebenwirkungen ausgeschlossen und verschiedene Sicherheitsaspekte beachtet werden. Erst in einigen Jahren wäre dann der Impfstoff wirklich "essbar".