Gewalttätige islamische Proteste gegen Mohammed-Karikaturen haben den europäischen Kontinent in Aufregung versetzt. Dabei ist der Streit über die Grenze zwischen Blasphemie und Meinungsfreiheit ein altbekanntes Thema.
Brennende europäische Botschaften, zürnende Menschenmassen, der Boykott westlicher Güter und ein schwacher Sicherheitsring um Journalisten, die um ihr Leben fürchten - diese Geschehnisse sind sicherlich nicht das, was die dänische Zeitung "Jyllands-Posten" voraussah, als sie die zwölf Karikaturen, die den Propheten Mohammed verspotten, im September 2005 abdruckte.
Eine Karikatur zeigte Mohammed mit einem Turban in Form einer Bombe, eine andere Selbstmordattentäter, die ungeduldig in einer Warteschlange mit Mohammed anstehen und erklären, ihnen gingen die Opfer aus. Moslems haben die Karikaturen als Blasphemie angeprangert, indem sie auf das Koranverbot verweisen, welches die bildliche Darstellung des Propheten untersagt.
Seit voriger Woche, als Verleger in Frankreich, Deutschland, Spanien, Italien, Ungarn und den Niederlanden die Karikaturen nachdruckten und damit ihre Unterstützung der Pressefreiheit bekundeten und seit der Zorn in der islamischen Welt in gewalttätige Proteste und Todesdrohungen umschlug, ist diese Angelegenheit ein heißes politisches Eisen geworden.
Europäische Zeitungen führen gegen die Vorwürfe ihre Pressefreiheit ins Feld, diskutieren aber auch, wie weit diese reicht. Einige heben zudem hervor, dass Europa nicht zum ersten Mal mit einem Blasphemiestreit konfrontiert wird.
Götz von Olenhusen, ein Medienrechtsexperte aus Freiburg, weist auf einen der berühmtesten Fälle in den 1920er Jahren während der Weimarer Republik hin. Es ging damals um drei Grafiken von dem Künstler George Grosz. Eine von ihnen zeigte Jesus an einem Kreuz, bekleidet mit einer Gasmaske und Armeestiefeln, darunter der Slogan "Halt dein Maul und diene weiter". Der Strafprozess dauerte drei Jahre und Grosz durchlief drei verschiedene Gerichtsinstanzen, um einen Freispruch zu erwirken. Als die Nazis an die Macht kamen, musste er das Land verlassen.
Der Medienexperte macht darauf aufmerksam, dass satirische Bemerkungen über das Christentum und die Kirche die Gerichte auch in den vergangenen Jahren beschäftigt haben.
Angesichts des erhitzten Streits über die Mohammed-Karikaturen stimmen die Expertendarin überein, dass für die Medien die Fragen nach Ethik und der freiwilligen Einhaltung des Pressekodex' von größerer Bedeutung seien. "Letzten Endes ist es eine Frage des guten Geschmacks, ob solche Karikaturen veröffentlicht werden oder nicht", sagt von Olenhusen. "Man muss sich selbst fragen, welche Aussage man macht, wenn die satirischen Elemente entfernt werden", sagte Olenhusen.