Hallo und guten Tag. Heute ist der 4. September und ich begrüsse Sie nach den langen Sommerferien herzlich zu einer neuen Folge von "Zu Gast bei Dagmar". Was liegt heute näher als über die Ferien oder über deren Ende zu sprechen. Dann erzähle ich Ihnen über meine Suche nach der besten Eiscrème und zum Schluss ersteigere [1] ich etwas im Internet. Viel Spass!
Die grossen Sommerferien sind nun vorbei, und ich hoffe sehr, dass Sie sich trotz Wirtschaftskrise gut erholt haben. Waren Sie im Ausland oder haben Sie wie viele andere Menschen auch in der Schweiz Urlaub gemacht? Vielleicht auf einem Campingplatz [2]? In der Schweiz gibt es ungefähr 270 Campingplätze und fast immer in schöner Umgebung. Hier können die Kinder nach Herzenslust herumtoben, finden schnell Freunde zum Spielen oder zum Schwimmen. Zurück zur Natur wegen der Wirtschaftskrise? Das ist sicher nicht die schlechteste Lösung für ein paar Wochen unbeschwerter [3] Ferien. Die Presse meldet, dass die Campingplätze in diesem Jahr 10% Zuwachs [4] gegenüber dem vergangenen Jahr hatten. Das ist auch kein Wunder, wenn man bedenkt, wie teuer zwei Wochen Ferien für eine vierköpfige Familie sind, vor allem wenn man irgendwo hinfliegt und im Hotel übernachtet. Da sind Ferien auf dem Campingplatz doch eine wunderbare, günstige Alternative [5].
Ich selbst mache im Sommer keine richtigen Ferien. Das Wetter ist ja meistens schön in der Schweiz. Eine kleine Städtereise zu einem Konzert oder ein Besuch bei Freunden in Deutschland - das sind meine sommerlichen Freuden. Ansonsten geniesse ich die Ruhe in der Stadt, bei einem Bummel am See oder auf meinem Balkon. Ganz spontan [6] habe ich Mini-Städtereisen unternommen. An einem Tag, zum Beispiel, war ich in Thun, an einem anderen in Lausanne, dann in Gruyère. Es gibt in der Schweiz soviel zu entdecken, es muss wirklich nicht immer das Ausland sein. Obwohl ich mir, ganz unter uns, auch einmal Ferien auf den Malediven vorstellen könnte!
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Mögen Sie Eiscrème? Oder Glacé, wie man in der Schweiz sagt? Glacé ist auch eines dieser vielen Wörter, welches die viersprachige Schweiz in ihren Wortschatz integriert [7] hat. Wie zum Beispiel Trottoir. Kein Mensch würde in der deutschsprachigen Schweiz "Bürgersteig" zu einem Trottoir sagen oder "Strassenbahn" für ein Tram. Aber zu den Sprachunterschieden im hier gebräuchlichen Schriftdeutsch und dem so genannten Hochdeutsch unseres Nachbarlandes im Norden kommen wir später.
Ich war vor ungefähr zwei Wochen im Kino. Der Film hiess "Twilight, Bis(s) zum Morgengrauen". Tatsächlich! Und über diesen Film oder vielmehr die vier Bücher, die dem Film als Vorlage dienten, werde ich Ihnen in meinem nächsten Podcast erzählen. Aber zurück zu dem Eis oder der Glacé. Ich habe so meine kleinen Rituale [8], Sie bestimmt auch. Was das Eis betrifft, habe ich sogar eine Macke [9]. Ich esse nämlich normalerweise überhaupt kein Eis, auch keinen Coupe Romanoff oder Coupe Danmark. Nur im Kino. Und da muss es dann unbedingt ein "Magnum Classic" und nichts anderes sein. Als ich dieses Magnum-Eis also genüsslich [10] verzehrte, kam mir eine Idee. Ich habe mich daran erinnert, dass es vor vielen, vielen Jahren nur eine ganz bestimmte Eismarke für mich gab, und das waren die verrückten Eiskombinationen von Häagen Dazs. Es gibt ungefähr 25 Sorten, eine spezieller als die andere. Nachdem ich nun den Film gesehen hatte, habe ich mich entschlossen, alle Eiscrèmes meiner Jugend wieder einmal zu probieren und habe mich zur Eistesterin ernannt. Sogar ohne Kino.
Angefangen habe ich natürlich mit Häagen Dazs "Rum und Rosinen", und danach kam "Macadamia Nüsse". Ich war total enttäuscht. Irgendwie war die Crème keine Crème, sondern pelzig [11] auf der Zunge. Dann ging es weiter mit Nestlé Pralinato und mit Nestlé Himbi. Sehr gut. Und weiter mit den tollen Mövenpick-Kombinationen wie zum Beispiel "Chocolate Chips" und "Amarena Kirsch". Tatsächlich ein Genuss, und wirklich cremig, einfach lecker [12]. Leider gibt es diese Sorten nur in grossen Haushaltspackungen und nicht als Eis am Stiel. Die Mini Macaos habe ich noch nicht probiert, aber Sie vielleicht? Mein Fazit [13] nach all der Probiererei: eindeutige Testsiegerin ist Magnum Classic, meine "Kino-Glacé". Damit ist es klar: ich bleibe beim Magnum Classic von Langnese, wenn ich wieder ins Kino gehe.
Jetzt habe ich mich doch glattweg verplaudert - das ist übrigens auch wieder einer der schweizerischen Ausdrücke, den ich mir in mein Hochdeutsch einverleibt habe und den ein Deutscher nicht versteht. Aber von den Sprachproblemen, die ich mittlerweile [14] in Deutschland habe, erzähle ich Ihnen in einer anderen Sendung. Ich hoffe, Sie sind einverstanden.
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So, zum Schluss noch ein paar Gedanken zu Auktionen im Internet. Sie kennen alle bestimmt die Online-Auktionshäuser wie Ricardo und eBay. Sie können dort Mäntel und Werkzeuge, Computer und Lampen und vieles mehr ersteigern, aber auch verkaufen. Nun gehöre ich noch einer Generation an, die mit solch modernen Dingen nicht aufgewachsen ist. Auch nicht mit dem Internet. Für mich fanden Auktionen in den traditionellen Auktionshäusern statt, wie zum Beispiel bei Christie's und Sotheby's, die Gemälde, Porzellan und Schmuck an öffentlichen Anlässen versteigert haben und es auch heute noch tun. Allerdings geht es bei diesen berühmten Häusern, die es beide schon seit dem 18. Jahrhundert gibt, um riesige Summen und nicht um ein paar Franken. Vor ungefähr zwanzig Jahren durfte ich einmal in London an einer Versteigerung von Sotheby's teilnehmen. Da gingen Gemälde von Picasso und Rembrandt für Millionenbeträge über den Tisch. Und wehe, wenn man sich an der Nase oder am Ohrläppchen kratzen musste. Sofort wurde dies als Zeichen zum Mitbieten [15] von dem Auktionator gewertet. Ein anderes Mal war ich in Mailand an einer Auktion [16]. Dort standen Möbel, Porzellan, Kerzenleuchter und Ähnliches zum Verkauf. Ich wollte unbedingt ein kleine, alte Dose aus Email [17] haben, hatte aber Angst, dass ich beim Ersteigern etwas falsch machen würde - so hat dann eine italienische Freundin dieses Döschen für mich für 100 Franken ersteigert.
Ganz anders war das vor ein paar Tagen, als ich es endlich einmal wagte, bei Ricardo etwas zu ersteigern. Sie wissen ja, wie das ist, wenn Sie in eine neue Wohnung ziehen. Irgendetwas fehlt immer. Natürlich sind das Dinge, die nicht in Ihrem Budget enthalten sind, weil der Umzug schon genug Geld gekostet hat. Ich habe mir von meinen jüngeren Freundinnen, die ganz selbstverständlich und sehr oft im Internet einkaufen, Tipps geben lassen. Sie wissen ja sicher, wie das funktioniert. Ich habe die Prozedur nur sehr mühsam erlernt und habe einige Zeit gebraucht, bis ich alles verstanden hatte. Ich habe eine ganz bestimmte Lampe aus Messing gesucht und einen kleinen Servierwagen zum Ausklappen für den Balkon oder für die Küche. Tatsächlich habe ich diese Sachen auch gefunden. Ich war sehr erstaunt, dass der Startpreis bei einem Franken begonnen hat. Erst später habe ich realisiert, dass die anderen Interessenten fast eine Woche gewartet haben, bis kurz vor Schluss die Preise auf einmal in die Höhe stiegen und beinahe jede Minute eine andere Summe angezeigt wurde. Es war wie das Feilschen [18] in einem orientalischen Basar, nur umgekehrt. Aber das Fieber hatte mich gepackt. Ich wollte unbedingt diese Lampe und diesen Servierwagen und nichts anderes. Die letzte Viertelstunde sass ich wie gebannt [19] vor meinem Computer, mein Herz hat wie wild geklopft, und ich war wahnsinnig aufgeregt. Das nennt man wohl Adrenalinschub [20]. Aber stellen Sie sich vor: ich habe es geschafft, und ich freue mich nun über die neue Lampe und den wirklich praktischen Servierwagen. Und wenn ich wieder etwas brauche, werde ich mich im Internet umschauen und vielleicht später auch versuchen etwas zu verkaufen. Denn es gibt in jedem Haushalt genügend Dinge, die man nicht mehr braucht und die andere Menschen vielleicht suchen - und zwar zu einem günstigen Preis. Allerdings habe ich doch ein wenig ein schlechtes Gewissen, denn die Geschäfte machen dadurch sicher weniger Umsatz und der Wirtschaft geht es schlechter. Wie denken Sie darüber?
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So, das war's für heute. Ich hoffe, die Sendung hat Ihnen gefallen. Wie immer freue ich mich auf Ihre Kommentare unter www.podclub.ch. Das nächste Mal berichte ich unter anderem über das Schulsystem in der Schweiz, über Bücher und über kleine Sprachprobleme. Ich hoffe, Sie sind am 18. September wieder mit dabei. Bis dann grüsst Sie, wo immer Sie auch sind, Ihre Dagmar.
[1] ersteigern: erwerben, an einer Auktion kaufen
[2] der Campingplatz: der Zeltplatz
[3] unbeschwert: sorgenlos
[4] der Zuwachs: die Steigerung
[5] alternativ: andere
[6] spontan: intuitiv, ad hoc
[7] integrieren: einbeziehen
[8] das Ritual: die Gewohnheit
[9] die Macke: die Eigenart, die Marotte
[10] genüsslich: geniesserisch
[11] pelzig: rauh
[12] lecker: köstlich
[13] das Fazit: das Ergebnis
[14] mittlerweile: inzwischen
[15] das Mitbieten: die Teilnahme an einer Auktion
[16] die Auktion: die Versteigerung, die Gant
[17] das Email oder das Emaille: französisch für eine bestimmte Glasur
[18] das Feilschen: den Preis drücken, verhandeln
[19] gebannt: fixiert, gespannt
[20] der Adrenalinschub: die Steigerung der Herzfrequenz