Im Märchen frisst der Wolf die Großmutter und das Rotkäppchen. Auch in anderen Geschichten gibt es einen "bösen Wolf". Doch sind die Tiere wirklich so?
Das Märchen von Rotkäppchen ist in Deutschland so bekannt, dass es davon sogar Briefmarken gibt. In anderen Geschichten frisst der Wolf sieben Zicklein oder drei Schweinchen. Das kommt der Wahrheit schon näher: Als die Menschen vor vielen tausend Jahren anfingen, als Bauern zu arbeiten, begannen sie auch, Nutztiere zu halten, unter anderem Schweine, Ziegen und Schafe.
Für Wölfe ist es natürlich leichter, Tiere zu reißen, die in einem Gatter eingesperrt sind als Rehe oder Hirsche, die durch den ganzen Wald davonlaufen können. Es kam also öfter vor, dass Wölfe Tiere von Bauern "geklaut" haben. Aber natürlich wissen Wölfe nicht, dass sie Schafe und Ziegen auf Bauernhöfen nicht jagen dürfen.
Im Mittelater glaubte man dann sogar, dass Wölfe mit dem Teufel im Bunde stehen würden. Die Leute waren fest davon überzeugt, dass es "Werwölfe" gibt, Wesen, die Halb Mensch und Halb Wolf sind und Menschen töten. Deswegen wurden Wölfe systematisch gejagt bis sie in Europa nahezu ausgerottet waren. Erst seit 1990 stehen Wölfe in Deutschland unter Schutz.
Sind Wölfe "Menschenfresser"?
Es gibt zwar viele Geschichten, in denen ein Wolf einen Menschen angegriffen haben soll, aber Forscher glauben, dass diese nur erfunden sind. Wölfe sind in der Regel sehr scheue Tiere und ziehen es vor, den für sie "bösen" Menschen zu meiden. Ein wilder Wolf wird sogar vor einem Kind davonlaufen. In Nordamerika wurden in den letzten Jahren zwar einige wenige Menschen von Wölfen gebissen. Allerdings hatte in jedem dieser Fälle der Mensch die Schuld: Manche haben sich zu sehr genähert, so dass der Wolf Angst bekam. Oder sie haben ihren Hund im Wald frei laufen gelassen, gegen den sich der Wolf verteidigen wollte. Manchmal war der Wolf auch krank und von kranken Wildtieren sollte man immer einen großen Abstand einhalten.
Alle wilden Tiere, die sich bedroht fühlen, versuchen sich zu verteidigen! Wenn du tatsächlich mal einen Wolf im Wald siehst, kannst du das Tier beobachten, aber du solltest in keinem Fall versuchen, näher an den Wolf heranzukommen. Allerdings sehen selbst Biologen, die Wölfe erforschen wollen, die Tiere nur sehr selten. Die grauen Tiere sind im tiefen Wald fast unsichtbar.
Wölfe in Mythologie und Literatur
Es gibt aber nicht nur negative Erzählungen über Wölfe. Sehr oft werden auch ihre positiven Seiten betont: Wölfe leben meistens in Rudeln. Sie jagen zusammen und kümmern sich sehr gut um ihre Kinder. Deshalb gibt es Geschichten, in denen eine Wölfin ein menschliches Kind als eigenes angenommen haben soll. Zum Beispiel sollen nach einer römischen Sage die Zwillinge Remus und Romulus von einer Wölfin gesäugt worden sein. Romulus hat später die Stadt Rom gegründet. Auch der Junge Mogli aus dem Dschungelbuch soll von einer Wolfsfamilie groß gezogen worden sein.
Völker, die von der Jagd leben, verehren Wölfe, weil sie so geschickte Jäger sind. Bei einigen Indianerstämmen, z. B. bei den Irokesen, hat der Wolf die Rolle eines Schutzgeistes, genannt Totem. Ebenso war es in Asien bei den Turkmenen und den Mongolen. Die Usbeken und die Hunnen leiteten ihre Herkunft sogar vom Wolf ab.
Schutz vor Wölfen
Seit einigen Jahren leben wieder Wölfe in Deutschland. Es wird geschätzt, dass es ungefähr 60 Tiere sind. Damit steigt natürlich auch das Risiko, dass Schafe gerissen werden, denn Wölfe können nicht zwischen "erlaubten" Wildtieren und "verbotenen" Nutztieren unterscheiden.
Allerdings gibt es Möglichkeiten, die Schafe vor Wölfen zu schützen. Eine sehr billige Methode sind "Lappenzäune": Dafür werden rote Stoffstücke in Abständen an eine starke Schnur genäht. Diese Schnur wird so aufgehängt, dass die Lappen im Wind frei flattern können. Merkwürdigerweise haben die meisten Wölfe Angst davor und trauen sich nicht an die Schafe heran.
Die bekannteste Methode ist der Einsatz von Hirtenhunden. Diese Hunde wachsen zusammen mit "ihrer" Herde auf und verteidigen sie gegen alle Angreifer, sogar gegen Bären. Außerdem wird durch das Gebell der Schäfer alarmiert und vor Menschen nehmen Wölfe sofort Reißaus. Auf dem Bild sieht man zwei Hirtenhunde aus Bulgarien "bei der Arbeit". Diese Rasse heißt Karakatschan.
Manchmal wird statt eines Hundes auch ein Esel eingesetzt: Esel mögen weder Hunde noch Wölfe oder Füchse. Da Esel sehr gut sehen, hören und riechen können, bekommen sie sofort mit, wenn sich ein Wolf anschleicht. Schreiend und mit entblössten Zähnen stürzt sich so ein mutiger Esel auf die Eindringlinge und versucht sie zu beissen oder zu treten. Außerdem ist das Schreien eines Esels über mehrere Kilometer weit zu hören und alamiert so den Schäfer.