In den Ledersessel saß eine Körpermasse in rotem Mantel, dessen vergilbter Pelzschmuck teilweise fehlte. Eine dumpfe Stimme kam aus den gelähmten Lippen seines Vollbarts:
"Komm näher Kind und singe!"
Der feste Griff weißer Handschuhe hob das Mädchen auf seinen Schoß. Mit schulterlangem Haar und Zipfelmütze wandte sich ihr ein erstarrtes Gesicht. Seinem leblosen Blick unter buschigen Brauen, entzog sie sich sogleich. Während sie verschüchtert "Petit Papa Noël" sang, schaute sie runter an braune Stiefeln vorbei bis hin zu den verpackten Kartons.
Eine Sofortbildkamera mit Blitzlicht und summendem Geräusch spuckte farbige Bilder heraus. Die junge Mutter, ein seltener Gast, wedelte mit den Aufnahmen zum schnellen Trocknen. Die Gestalt in Kutte und leerem Rückenkorb verabschiedete sich mit einem "Joyeux Noël!" Großmutter, welche die Enkelin aufzog, bewunderte die bunten Schnappschüsse.
Ihr Mann lobte diese neue Erfindung.
Das Kind hielt still, während ihre fremde Mutter einen Pferdeschwanz band. Der Onkel, eben hinzugekommen, richtete vor dem Spiegel seinen modischen Pilzkopf. Großvater hielt kurz seine Mütze hoch und streifte seinen nackenfreien Schnitt. Seine Gefährtin löste ihren Dutt und drehte ihn gekonnt in gewohnter Form zurück. Zuletzt toupierte die hübsche Frau ihre platinblonde Pracht, sprühte ein Haarspray-Nebel und schminkte ihre Lippen.
Anschließend durfte jeder sein lachendes Gegenüber fotografieren.
Ein fröhliches Gespräch zwischen Mutter und Großmutter schallte samt klirren des Geschirrs. Großvater und Onkel dösten mit offenem Hosenknopf vor dem schwarz-weißen Fernseher. Das kleine Mädchen betrachtete stumm das Colorbild des Weihnachtsmannes.
Sie lächelte ... er trug die verblassten Stiefeln ihres Onkels.