Er sang auch unterwegs kuriose Lieder, die einen guten Klang hatten, und es war doch kein Verstand darin. Unter anderm:
Die Berge sind spitz
Und die Berge sind kalt.
Mein Schatz steigt zu Berge
Und ich in den Wald.
Da tröpfelt das Laub
Von Regen und Thau.
Ob die Augen da tröpfeln,
Wer sieht es genau?
***
Da drunten im Thal
Da blühen die Rosen;
Da will ich dich küssen
Viel tausendmal.[157]
Wer Röselein bricht,
Den stechen die Dornen;
Und sei mir nicht bös,
Wenn mein Schnurrbart dich sticht.
***
Am Wildbach die Weiden
Die schwanken Tag und Nacht.
Die Liebe von uns beiden
Hat Gott so fest gemacht.
Am Wildbach die Weiden
Die haben nicht Wort und Ton.
Wenn sich die Augen besprechen,
So wissen die Herzen davon.
Und dergleichen mehr und dachte sich nichts dabei, eben so wenig beim Kuhblumenpflücken; aber die alte Melkmarei hatte ihren heimlichen Spaß daran.
Darüber hätt' ich aber fast zu erzählen vergessen, wie es der Blindekuh ging. Das arme Thier wachte in grauer Frühe auf; denn es war ja gar nicht gewohnt, stante pede zu schlafen. Wie es nun so mit dem Kopf ruckte, blieben die Spatzen auch nicht lange still in den Federn, reckten sich erst ein wenig und huschten dann hinaus. O weh! da war von ihrem Herrn nichts zu sehen; nur die Leine, an der er die Prinzessin geführt hatte, lag auf dem Moose. Frau! sagte der Spatzenvater zu seiner Ehehälfte, was thun wir nun? – Hole die Leine, erwiederte die Spätzin,[158] und bitte die Blindekuh, sie wieder ins Maul zu nehmen; und dann wollen wir weiter bis ins nächste Dorf zu dem Bauer, dessen Hausspätzin ich war, bevor du mich heirathetest. Und unsere Jungen, Gelbschnabel und Grünschnabel, können Kuhblumen besorgen, während ich die Gnitzen und Gnatzen wegfange. – Das hatte aber die Blindekuh gehört und fragte ängstlich: Lieber Kuhjohn, wo bist du? und wann geht's weiter? Ich habe auch Appetit auf einige Kuhblumen. – Darauf flog der alte Spatz dicht an ihr Ohr und sagte ihr Alles, wie seine Frau es gerathen hatte. Ach, da wurde Naserümpfchen betrübt! Aber weil's doch nicht anders ging, nahm sie die Leine gutwillig zwischen ihre Perlenzähne, und nun flatterte der Spatz bedächtig voran, dicht über dem Boden, da es der Blindekuh sonst zu schnell gewesen wäre, und seine Familie sorgte für das Uebrige. Es war aber doch ein schwieriges Geschäft; denn immer wenn die Blindekuh eine gelbe Blume kaute, fiel ihr die Leine aus dem Munde, und es wurde dem Spatzen schwerer, sie wieder hineinzustecken, als es dem kleinen Kuhjohn geworden war. Dabei seufzte die Prinzessin oft, und das klang jedesmal Muh! worüber die Vögel erschraken. Das einzige Gute war, daß sie Zeit genug hatte, bescheidner zu werden und eine rechte Sehnsucht nach dem guten Kuhjohn bekam, den sie früher immer nur ausgelacht hatte.