»Bombensicher«, sagte Sensenbrink und wandte sich an mich. »Ich
dachte, die Meldefrist wäre schon abgelaufen, aber irgendjemand hat
Sie nachnominiert. Ich habe mir sagen lassen, dass Sie das Feld von
hinten überrollt haben. Einmal fiel das Wort ›tsunamimäßig‹.«
»Ein Blitzsieg!«, rief Sawatzki aufgeregt.
»Sind wir jetzt Kultur?«, hörte ich mit halbem Ohr von einem der
zahllosen Executives, alles Weitere ging in stürmischem Applaus
unter. Kärrner stand auf, nahezu zeitgleich war die Dame Bellini auf
den Beinen, dann erhob sich die ganze Runde. Die Glastür öffnete
sich, zwei Damen unter Leitung von Sensenbrinks Vorzimmerdame
Hella Lauterbach schritten herein, mehrere Flaschen mit saurem
Schaumweine hereintragend. Ich musste gar nicht erst nachsehen,
um zu wissen, dass Sawatzki wohl in diesen Sekunden einen Auftrag
für dieses fruchtige Bellini-Getränk erteilte. Von außen drängten
verschiedene Menschen herein, Schreibkräfte, Assistenten,
Praktikanten und Helferinnen. Die Worte »Grimme-Preis« wechselten
unablässig mit »echt?« und »Wahnsinn!«. Ich sah Kärrner, der sich
mühsam durch die Menge auf mich zu drückte, mit ausgestreckter
Hand und einem merkwürdigen Gesichtsausdruck.
»Ich hab’s gewusst«, schrie er aufgewühlt und blickte dabei
abwechselnd mich an und Sensenbrink, »ich hab’s gewusst. Wir
können mehr als nur Comedy-Trash! Wir können viel mehr!«
»Premium!«, schrie Sensenbrink mit sich überschlagender Stimme
zurück und erneut und noch lauter: »Premium!« Das half mir insofern
weiter, als man daraus schließen konnte, dass es sich bei diesem
Preise offenbar um ein anerkanntes Qualitätssiegel für Rundfunk zu
handeln schien.
»Sie sind einfach gut«, sagte eine sanfte weibliche Stimme dicht
neben mir. Ich drehte mich um. Neben mir stand, in einem anderen
Gesprächszirkel, der Rücken der Dame Bellini.
»Das Kompliment kann ich nur erwidern«, sagte ich, ohne mich ihr
auffälliger als nötig zuzuwenden.
»Schon mal an einen Film gedacht?«, raunte sie.
»Schon länger nicht mehr«, antwortete ich über meine Schulter
hinweg, »wer einmal mit Riefenstahl gearbeitet hat …«
»Rede! Rede!«, dröhnte es aus der Menge.
»Sie müssen etwas sagen!«, drängte Sensenbrink. Und obwohl ich
normalerweise nicht zu derlei geselligen Anlässen zu sprechen pflege,
ließ es sich in diesem Augenblicke doch wohl nicht vermeiden. Die
Menge wich ein wenig zurück und verstummte, nur Sawatzki
quetschte sich noch kurz dazwischen, um mir ein Glas von diesem
Bellini-Getränk zu reichen. Ich nahm es dankend und musterte die
Runde. Vorbereitet hatte ich leider nichts, insofern galt es, auf
bewährte Muster zurückzugreifen.