Wer würde derlei freiwillig ansehen? Sicher, Untermenschen
vielleicht, die grob lesen und schreiben konnten, aber sonst? Fast
schon abgestumpft schaltete ich zu der dicken Frau zurück. Ihr
abenteuerliches Leben war offenbar seit meinem letzten Besuch von
einer Reklamesendung unterbrochen gewesen, deren Ende ich noch
mitbekam. Jedenfalls ließ es sich der Sprecher nicht nehmen, noch
einmal für mich zu erklären, dass das erbärmliche Weibsstück jegliche
Kontrolle über seinen schwachsinnigen Bankert von Dreckstochter
verloren hatte und in der letzten halben Stunde nicht weitergekommen
war, als den Hinauswurf der kleinen Idiotin mit einer unablässig
rauchenden Nachbarin lang- und breitzuwalzen. Letzten Endes, so
teilte ich lautstark dem Apparat mit, gehörte dieser ganze Zirkel
verunglückter Existenzen in ein Arbeitslager, die Wohnung sollte man
renovieren oder, noch besser, mitsamt dem ganzen Haus abreißen
und irgendein Aufmarschgelände darüberplanieren, auf dass die
Erinnerung an das unselige Treiben ein für alle Mal getilgt würde aus
dem gesunden Volksempfinden. Entnervt warf ich das
Kontrollkästchen in den Papierkorb.
Was für eine übermenschliche Aufgabe hatte ich mir da gestellt!
Um meines Zornes wenigstens einigermaßen Herr zu werden,
beschloss ich, für einen Moment vor die Türe zu gehen. Nicht lange,
natürlich, denn ich mochte mich nicht weit vom Telefonapparat
entfernen, aber doch wenigstens geschwind in die Blitzreinigung
laufen, um die Uniform abzuholen. Seufzend betrat ich das Geschäft,
ließ mich als »Herr Stromberg« begrüßen, holte meinen überraschend
einwandfrei gereinigten Rock ab und machte mich zügig auf den
Heimweg. Kaum konnte ich es erwarten, wieder in vertrauter Kleidung
der Welt gegenüberzustehen. Doch natürlich bekam ich nach meiner
Rückkunft als Erstes die Mitteilung von der Gehilfin an der Rezeption,
dass man telefonisch nach mir verlangt hatte.
»Aha«, sagte ich, »natürlich. Gerade jetzt. Und wer?«
»Keine Ahnung«, sagte die Gehilfin und blickte abwesend auf ihren
Fernsehapparat.
»Ja, haben Sie das denn nicht notiert?«, herrschte ich sie
ungeduldig an.
»Die haben gesagt, die rufen wieder an«, versuchte sie ihr
Fehlverhalten zu entschuldigen. »War es denn wichtig?«
»Es geht«, sagte ich entrüstet, »um Deutschland!«
»Blöd«, sagte sie, und glotzte wieder in ihren Bildschirmapparat.
»Und was ist mit Henndi?«
»Ich! Weiß! Es! Nicht!«, schrie ich wütend und marschierte entnervt
in mein Zimmer, um meine Fernsehstudien fortzusetzen. »Die ist
wahrscheinlich vor Gericht, weil sie ihre Ausbildungsstätte verloren
hat!«