Die andern aber lachten sie gründlich aus. onkel Heinz fragte, wo die Herren wohl herkommen sollten? Außer Gustav und dem kleinen Karl gab es keine jungen Leute; er neckte sie so mit ihrem schönen Plan, daß sie sich erst beschämt zur Großmama setzte und dann ganz bös erklärte, onkel Heinz solle etwas besseres vorschlagen.
„Ich schlage vor, daß wir gar nichts unternehmen. Wir haben in der letzten Zeit nichts getan als Feste gefeiert und gut gegessen. Ich meine, nun könnten wir wohl Schluß machen.“
Aber gegen diese Meinung erhob sich ein wahrer Sturm der Entrüstung von seiten des jungen Volkes. onkel Heinz wurde von den Mädchen so in die Enge getrieben, daß er sich schließlich schuldig bekannte und untertänig gelobte, an jeder Festlichkeit teilzunehmen, wie verrückt sie auch sein möchte.
„Hört mal,“ nahm Ilse das Wort, „ich habe einen Plan. Aber erst muß ich euch erzählen, daß ich gestern einen Brief von meiner Jugendfreundin Flora Werner erhielt. Ruth, Marianne, erinnert ihr euch noch ihrer beiden Töchter Thusnelda und Hildegard?“
„Ja, Mama,“ versetzte Marianne. „Mir ist, Thusnelda hätte sich verlobt, als Fritz und ich nach San Franzisko abreisten.“
„Du hast ganz recht, sie war damals mit einem Kaufmann verlobt, ist aber nun schon seit zehn Jahren Witwe. Auch der alte Herr Werner ist gestorben, und Flora lebt bei ihrer Tochter.“
„Und Hildegard?“
„Die ist in Indien. Thusnelda hat drei Kinder, ihr ältester Sohn ist Offizier, der zweite Ingenieur, bewirtschaftet aber gegenwärtig die ausgedehnten Landgüter, die sein Großvater hinterließ; dann ist noch eine Tochter da in deinem Alter, Agnes.“
„Aber was hat das alles mit unsrem Fest zu schaffen, Großmama?“
„Wartet nur. Flora Werner schrieb mir, daß ihre beiden Großsöhne mit der Schwester einen Ausflug in unsere Gegend machen würden, und sie fragt an, ob unser Haus ihnen für einige Tage offen stünde. Da dachte ich, wenn ihr die beiden jungen Leute aufnehmen wolltet, Marianne, und das Mädchen bei uns wohnte, dann würden sie unser Fest verherrlichen können.“
„Das ist eine gute Idee, Mama,“ meinte Marianne. Ihr Mann fing sofort an, Irma und Agnes zu necken mit der wundervollen Aussicht, einen Leutnant in ihrer Gesellschaft zu haben.
„Paßt nur auf,“ spottete onkel Heinz, „was geschieht, wenn er einer von euch besonders den Hof macht! Dann kratzt ihr euch gegenseitig die Augen aus.“
Natürlich hatten die beiden Herren für ihre Neckereien zu büßen und mußten klein beigeben. Nachdem wieder Ruhe eingetreten war, fuhr Großmutter Ilse fort:
„Ich würde es nun sehr nett finden, eine Landpartie zu unternehmen. Wenn wir z. B. nach dem Wasserfall führen und dort im Wirtshaus speisten. Wir könnten morgens früh abfahren, nach der Abtei gehen und spät abend heimkehren. Ich bin seit Jahren nicht dort gewesen, und die Aussicht, einen ganzen Tag in der wildromantischen Natur zu verleben, lockt mich sehr.“
„Ja, ja, Frau Ilse, Sie haben solch abenteuerliche Touren immer geliebt,“ scherzte der Professor. „Ich erinnere mich noch, daß Sie uns mal im Mondenschein auf den Schneekopf schleppten.“
„Das war in der guten alten Zeit,“ entgegnete sie gedankenvoll, „es war herrlich damals mit Leo und meiner lieben Nellie.“
Irma, Agnes und der kleine Karl waren in Jubel ausgebrochen über diesen köstlichen Plan. Auch Gustav und Maud fanden die Idee sehr hübsch, wenn sie auch ihren Beifall weniger lebhaft äußerten.
„Wir müssen in geschmückten Wagen fahren, Großmama,“ schlug Irma vor, „lauter Landauer zu vier Personen.“
„Nein, nein, ein paar große Kremser, das ist gemütlicher.“
„Wie viele sind wir denn?“ zählte die Kleine. „Tante Marianne und onkel Fritz; ihr drei Kinder, Großmama, Papa, Mama, Gustav und ich, onkel Heinz, die drei Gäste, das macht vierzehn Personen.“
„Und Tante Elisabeth?“
„Nein, ach bitte, die nicht,“ riefen die Kinder. „Wenn die mitkommt, geht alles schief. Du wirst sehen, dann haben wir schlechtes Wetter und es passiert ein Unglück.“
„Welcher Unsinn! Ihr braucht euch nicht um sie zu kümmern. onkel Heinz wird bei dieser Gelegenheit ihr Kavalier sein, nicht wahr?“
„Besten Dank,“ seufzte der Professor erschreckt; „das Frauenzimmer hat ein Gesicht, als ob sie beständig in eine Zitrone beißen würde; da kommen einem ja die Tränen in die Augen.“
Alle lachten, Frau Gontrau erklärte aber in entschiedenem Tone:
„Ich gebe die Landpartie und habe daher das Recht einzuladen, wen ich will. Tante Elisabeth kommt mit.“