Ab Januar 2015 soll es niemanden mehr in Deutschland geben, der weniger als 8,50 Euro pro Stunde verdient. Wirklich niemanden? Einige Ausnahmen gibt es schon, und das stößt bei den Gewerkschaften auf Kritik.
Mit großer Mehrheit hat der Deutsche Bundestag im Juni 2014 einen gesetzlichenMindestlohn beschlossen. Die Regierungsfraktionen von CDU, CSU und SPD, aber auch die Grünen stimmten dafür. Die linke enthielt sich der Stimme. Ab Januar 2015 soll der Stundenlohn mindestens 8,50 Euro betragen. Deutschland ist damit das 21. von 28 Mitgliedsländern der EU, die ihre Lohnuntergrenze gesetzlich geregelt haben.
Das Gesetz soll in Zukunft für alle Branchen gelten. Tarifverträge mit einem niedrigerenBrutto-Stundenlohn bleiben allerdings zunächst bis Ende 2016 gültig.Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles von der SPD ist zufrieden. Sie sagt: Der Mindestlohn „bringt endlich anständige Löhne für Millionen von Menschen, die bisher fleißig arbeiten, aber billig abgespeist wurden.“
Kritisiert wird der Beschluss dagegen von den linken. Sie finden, dass 8,50 Euro zu wenig sind. Kritik kommt auch von den Gewerkschaften: Zwar ist die Einführung des Mindestlohns ein historischer Erfolg, sagt Ver.di-Chef Frank Bsirske. Er glaubt aber, dass durch die Ausnahmen, die das Gesetz möglich macht, auch in Zukunft Millionen von Arbeitnehmern nur einen Hungerlohn verdienen werden.
Keinen Mindestlohn wird es zum Beispiel für Menschen unter 18 Jahren geben. Damit will die Regierung erreichen, dass Schulabgänger nicht einfach eine Arbeit beginnen, für die keine Ausbildung nötig ist. Auch Langzeitarbeitslose haben erst Anspruch auf den Mindestlohn, wenn sie sechs Monate gearbeitet haben. Kritik in diesem Punkt weistNahles zurück. Sie sagt: „Wir finden kaum genügend Arbeitgeber, die überhaupt bereit sind, Langzeitarbeitslosen eine Chance zu geben.“Glossar
auf Kritik stoßen – kritisiert werden
Gewerkschaft, -en (f.) – die Organisation, die sich für die Rechte der Arbeitnehmer einsetzt
Deutscher Bundestag (m.) – das Parlament in Deutschland
Mindestlohn, -löhne (m.) – das niedrigste Gehalt, das das Gesetz erlaubt
Fraktion, -en (f.) – die Abgeordneten einer Partei im Parlament
sich der Stimme enthalten – bei einer Abstimmung weder mit „ja“ noch mit „nein“ stimmen
Lohnuntergrenze, -en (f.) – → der Mindestlohn
Branche, -en (f.) – der Bereich der Wirtschaft
Tarifvertrag, -verträge (m.) – der Vertrag zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften über Löhne
brutto – bevor die Steuer gezahlt wird
Bundesarbeitsminister, -/Bundesarbeitsministerin, -nen – der Politiker/die Politikerin einer Regierung, der/die für das Thema Arbeit zuständig ist
anständig – hier: gerecht
billig abgespeist werden – umgangssprachlich für: wenig für etwas bekommen
Beschluss, Beschlüsse (m.) – die Entscheidung
Ver.di – Name einer → Gewerkschaft
Hungerlohn, -löhne (m.) – umgangssprachlich für: das sehr niedrige Gehalt
Schulabgänger, -/Schulabgängerin, -en – jemand, der gerade die Schule beendet hat
Langzeitarbeitslose, -n (m./f.) – jemand, der ein Jahr oder länger arbeitslos gemeldet ist
Anspruch auf etwas haben – das Recht auf etwas haben
Kritik zurück|weisen – Kritik nicht zulassen/ablehnen
genügend – genug