Etwa 58 Mio. Erwachsene in der Europäischen union haben kein eigenes Bankkonto. Betroffene geraten leicht ins soziale Abseits. Das Europa-Parlament will das jetzt ändern. Jeder, der möchte, soll auch ein Konto bekommen.
Die EU hat in einer Studie ermittelt, dass etwa 58 Millionen EU-Bürger über 15 Jahre kein eigenes Konto besitzen. Etwa 25 Millionen von ihnen hätten gern eins. Besonders viele Betroffene gibt es in Bulgarien oder Rumänien. Zumeist sind es Arbeitslose, Überschuldete oder Geringverdiener. Manche von ihnen wurden von den Banken abgewiesen, zum Beispiel weil sie obdachlos sind. Auch in Deutschland leben etwa 670.000 Menschen ohne Bankkonto. Bisher gibt es hier keinen Rechtsanspruch darauf.
Pamela Wellmann kümmert sich als Juristin um Menschen, die Schwierigkeiten mit ihrer Bank haben, deren Konto gekündigt wurde oder die kein Konto eröffnen dürfen: „Wer kein Girokonto hat, ist in der Wirtschaft ein Mensch zweiter Klasse“, meint sie. Denn ohne die Möglichkeit, bargeldlos zu zahlen, geht es heute fast nicht mehr. Menschen ohne Bankkonto haben zum Beispiel schlechtere Chancen, eine Mietwohnung, einen Job oder auch nur einen Handy-Vertrag zu bekommen.
Nach dem Willen des EU-Parlaments soll sich das bald ändern. Die Mitglieder in Straßburg stimmten im Dezember 2013 einem Gesetz zu: Danach soll der Zugang zu einem Girokonto in Zukunft ein Grundrecht sein. Das sogenannte Basiskonto soll grundlegende Zahlungsfunktionen umfassen. Der Inhaber kann sein Konto allerding nicht überziehen.
In manchen EU-Ländern besteht ein solcher Rechtsanspruch bereits. Wenn die einzelnen EU-Staaten dem Gesetz zustimmen, müssten Banken frühestens ab 2016 allen EU-Bürgern ein Konto garantieren.Glossar
Betroffene, -nen (m./f.) – hier: eine Person, deren Situation durch etwas bestimmt ist
ins soziale Abseits geraten – hier: nicht mehr am sozialen Leben teilnehmen können
Studie, -n (f.) – die wissenschaftliche Untersuchung von etwas
etwas ermitteln – etwas herausfinden
überschuldet – mit vielen Schulden; so, dass man seine Schulden nicht mehr zurückzahlen kann
Geringverdiener, -/Geringverdienerin, -nen – eine Person, die für ihre Arbeit nur sehr wenig Geld bekommt
jemanden ab|weisen – jemandem nicht geben, was er möchte; jemanden wegschicken
obdachlos – ohne Wohnung; ohne festen Wohnsitz
Rechtsanspruch, -sprüche (m.) – das Recht auf etwas
Girokonto, -konten (n.) – ein Bankkonto, von dem man oft Geld nimmt, um regelmäßige Rechnungen (z. B. die Miete) zu bezahlen
Mensch zweiter Klasse – umgangssprachlich für: ein Mensch, der soziale Nachteile gegenüber anderen hat
bargeldlos zahlen – zahlen, ohne dass man Geld als Münze oder Schein übergibt zahlen; elektronisch zahlen (z. B. mit Kreditkarte)
nicht mehr gehen – hier: nicht mehr möglich sein; nicht mehr funktioniere
einem Gesetz zu|stimmen – für ein bestimmtes Gesetz stimmen
Zugang, -gänge (m.) – hier: die Möglichkeit, etwas zu bekommen
Grundrecht, -e (n.) – ein Recht, das für alle Menschen ohne Ausnahme gilt
etwas umfassen – etwas enthalten; etwas beinhalten
Inhaber, -/Inhaberin, -nen – der Besitzer; der Eigentümer
das Konto überziehen – mehr Geld ausgeben, als auf dem Konto ist
etwas garantieren – etwas versprechen; etwas versichern