1940 haben die Nazis das so genannte Euthanasie-Programm begonnen. Sie ermordeten behinderte Menschen, weil sie nicht zum Menschenbild der Nazis passten. 73 Jahre später entsteht in Berlin ein Mahnmal für die Opfer.
Am 15. Juli 2013 fand der Baubeginn für ein neues Mahnmal im Berliner Stadtteil Tiergarten statt. Es soll an die Opfer des so genannten Euthanasie-Programms in der Nazi-Zeit erinnern. In Berlins historischer Mitte gibt es solche Erinnerungs-Orte bereits für mehrere Opfer-Gruppen, zum Beispiel für die ermordeten Sinti und Roma und an anderer Stelle für die Homosexuellen. Sie sind Punkte des öffentlichen Erinnerns an die Verbrechen der Nationalsozialisten in der Stadt. Am bekanntesten ist wohl das Holocaust-Mahnmal.
Die neue Gedenkstätte entsteht in der Tiergartenstraße 4. Dort befand sich von 1940 bis 1941 der Planungsstab des „Euthanasie“-Programms. Der Name des Programms, „T4“, steht für „Tiergartenstraße 4“. Die Nazis planten dort den Mord an 70.000 geistig oder körperlich Behinderten oder chronisch Kranken. Die Patienten, deren Name auf einer Liste des Programms "T4" stand, wurden in eine von sechs Anstalten verschleppt. Dort wurden sie vergiftet, vergast oder verhungerten.
Die Nazis behaupteten, dass diese Menschen angeblich der Entwicklung des deutschen Volks schadeten. Sie glaubten, dass sich die Behinderungen vererben könnten. Das Programm wurde bald – zumindest offiziell – beendet, vor allem wegen öffentlicher Proteste von Kirchenvertretern. Trotzdem ging das Morden aber bis zum Kriegsende 1945 weiter. Es wurde sogar auf die besetzten Gebiete in ganz Europa ausgeweitet. Die Forschung geht heute von 300.000 Opfern aus.
Die Form des neuen Mahnmals ist abstrakt. Auf eine fast schwarze Betonfläche wird eine 30 Meter lange halbtransparente Glaswand gesetzt. Zusätzlich entsteht ein ausführlicher Informationsteil. Der Ort soll im kommenden Jahr eröffnet werden.
Glossar
Nazi, -s – Kurzform für: Nationalsozialist; die Person, die sich den politischen Zielen des Nationalsozialismus im Deutschland der 1930-1940er Jahre anschloss
Euthanasie (nur Singular, f.) – eigentlich: leichter/schöner Tod, hier: die Ermordung von Menschen mit Behinderung durch die Nationalsozialisten
Menschenbild,-er (n.) – hier: die Vorstellung, wie die Menschen sein sollten
Mahnmal, -e (n.) – das Gebäude oder Objekt, das an schlimme historische Ereignisse erinnern soll
Sinti und Roma – Bezeichnung für Volksgruppen, die ursprünglich aus Indien stammen, aber jetzt in Europa leben
Holocaust (nur Singular, n.) – der Mord an den europäischen Juden durch die Nationalsozialisten
Gedenkstätte, -n (f.) – der Ort, der an schlimme historische Ereignisse erinnern soll
Planungsstab, -stäbe (m.) – die offiziell bestimmte Gruppe für eine Planung
Behinderte, -en (m./f.) – die Person, die ernsthafte geistige oder körperliche Probleme hat
chronisch Kranke/r, -/- (m./f.) – die Person, die eine Krankheit hat, die lange dauert
Anstalt, -en (f.) – hier: das Heim für psychisch Kranke
jemanden verschleppen – jemanden gewaltsam an einen Ort bringen
vergiften – ermorden durch Gift
vergasen – hier: ermorden durch Gas
verhungern – an Hunger sterben
Kirchenvertreter/in, -/-innen (m./f.) – die offizielle Person einer christlichen Kirche
besetzt – hier: so, dass Soldaten die Kontrolle über ein Gebiet haben
aus|weiten – hier: auf ein größeres Gebiet anwenden
abstrakt – nur in der Theorie; ohne Bezug zur Wirklichkeit
halbtransparent – so, dass man nicht ganz durch etwas sehen kann