Kinder lieben es, wenn sie Geschichten vorgelesen bekommen. Aber in manchen Klassikern der Kinderliteratur kommen rassistische Wörter vor. Das wollen einige deutsche Verlage jetzt ändern.
„Die kleine Hexe“ zählt zu den beliebtesten Kinderbüchern in Deutschland. Das Buch von Otfried Preußler wurde 1957 erstmals veröffentlicht und verkauft sich immer noch sehr gut. In der Geschichte gibt es eine Faschings-Szene, in der die kleine Heldin Kindern in Kostümen begegnet. Hier ist im Originaltext von „Negerlein“ und „Neger“ die Rede, wie es zu der Zeit üblich war. Bei solchen Inhalten unterbrechen heute manche Eltern das Vorlesen. Sie erklären dann ihren Kindern, dass diese Begriffe in unserer Zeit nicht mehr verwendet werden und warum sie andere Menschen verletzen.
Der Stuttgarter Thienemann-Verlag will diese diskriminierenden Begriffe in der nächsten Neuausgabe der kleinen Hexe herausnehmen. Damit reagiert der Verlag auch auf Leserbriefe, die er in den vergangenen Jahren immer wieder mal bekommen hat. Der Schriftsteller und seine Familie sind mit den Änderungen einverstanden. Denn es war nie die Absicht von Otfried Preußler, Menschen mit anderer Hautfarbe zu beleidigen.
Thienemann gehört zu mehreren Verlagshäusern, die sich mit rassistischen Begriffen in ihren Kinderbuchklassikern auseinandersetzen müssen. Der Friedrich Oetinger Verlag gab 2009 eine Neuausgabe von Astrid Lindgrens „Pippi Langstrumpf“ heraus. Jetzt wird Pippis Vater nicht mehr als „Negerkönig“, sondern als „Südseekönig“ bezeichnet.
Manche Leute sehen darin eine Form der Zensur, und einige Verlage lehnen solche Änderungen ab. Der Hanser Verlag zum Beispiel entschied sich dagegen, aus dem Buch „Huckleberry Finn“ von US-Autor Mark Twain rassistische Begriffe wie „Nigger“ zu streichen. Der Übersetzer Andreas Nohl sagte, er wollte Twain nicht hinterher klüger aussehen lassen.
Glossar
Klassiker, - (m.) – hier: etwas (z. B. ein Film oder ein Buch), das auch nach langer Zeit noch bekannt und beliebt
vor|lesen – laut lesen, so dass jemand dem Text zuhören kann
Hexe, -n (f.) – eine weibliche Person, die in Märchen vorkommt und zaubern kann
beliebt – etwas, das viele Menschen sehr gern haben; etwas, das sehr gefragt ist
Faschings-Szene, -n (f.) – ein Teil der Geschichte, der im Karneval spielt.
Heldin, -nen (f.) – hier: die weibliche Hauptfigur in einer Geschichte
von etwas ist die Rede – über etwas wird gesprochen oder geschrieben
jemanden verletzen – hier: jemanden beleidigen und psychisch wehtun
Neger, - (m.) – altes, →diskriminierendes Wort für: ein Mensch, der eine dunkle Hautfarbe hat
rassistisch – so, dass jemand Menschen nach Herkunft und Hautfarbe bewertet und benachteiligt
diskriminierend – so, dass Menschen schlechter behandelt werden, die eine andere Hautfarbe, Religion, Kultur o. Ä. haben
Verlag, -e (m.) – das Unternehmen, das Zeitungen oder Bücher veröffentlicht
Neuausgabe, -n (f.) ‑ die Form, in der ein schon veröffentlichtes Buch, noch einmal veröffentlicht wird
Leserbrief, -e (m.) – die Post von einer Person, die ein Buch oder eine Artikel gelesen hat und darauf reagiert
sich mit etwas auseinandersetzen – sich Gedanken über etwas machen; sich mit etwas beschäftigen
Südseekönig, -e (m.) – ein König von Inseln im Pazifischen Ozean
etwas aus einem Buch streichen – ein Wort oder einen Abschnitt aus einem Buch herausnehmen
Nigger, - (m.) (aus dem US-Englischen) – altes, →diskriminierendes Wort für: ein Mensch, der eine dunkle Hautfarbe hat