Die Mittelschicht schrumpft und der soziale Aufstieg wird immer schwieriger, so das Ergebnis einer Studie. Eine Mitschuld daran geben die Forscher der deutschen Steuerpolitik, die hohe Einkommen schont.
Immer weniger Menschen gelingt der Aufstieg aus den unteren Einkommen in die Mittelschicht, lautet das Ergebnis einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) und der Universität Bremen. Der Anteil der Mittelschicht an der Gesamtgesellschaft ist seit 1977 von 65 auf 58 Prozent gesunken. Gleichzeitig sind die Gruppe der Menschen mit geringem Einkommen und auch die Anzahl der Spitzenverdiener gewachsen.
Selbst eine gute Ausbildung ist heute keine Garantie mehr für ein Leben in gesichertem Wohlstand, so die Wissenschaftler. Zwar bestehen z. B. durch immer bessere Bildung schon Aufstiegschancen, allerdings gibt es deutlich mehr Abstiege als Aufstiege. Besonders die untere Mittelschicht ist gefährdet, in einkommensschwache Bereiche abzurutschen. Jeder Vierte in der Mittelschicht hat die Sorge, seinen Status zu verlieren, so die Studie.
Schuld daran ist nach Meinung der Forscher auch die deutsche Steuerpolitik. Besonders Menschen mit hohem Einkommen profitieren seit Mitte der 1990er Jahre von den durchgeführten Reformen. Spitzenverdiener müssen in Deutschland maximal 42 Prozent Steuern zahlen. Eine weitere Ursache sind die Veränderungen am Arbeitsmarkt: Viele neu entstandene Beschäftigungsverhältnisse werden unterdurchschnittlich entlohnt. Hinzu kommt die steigende Zahl der Ein-Personen-Haushalte. Weil nicht mehr so viele Menschen gemeinsam in einem Haushalt leben und so Geld sparen, sind die Lebenshaltungskosten pro Person höher.
Glossar
Mittelschicht, -en (f.) – die Bevölkerungsgruppe, die gebildet ist und ein gutes Einkommen hat, aber nicht besonders reich ist
schrumpfen – kleiner werden
Aufstieg, -e (m.) – hier: die soziale Bewegung nach oben, von arm zu reich
Mitschuld (nur Singular, f.) – hier: die Tatsache, dass man nicht allein an einer Sache Schuld ist
jemanden schonen – jemanden nicht stark belasten
gelingen, jemandem gelingt etwas – jemand schafft etwas
Spitzenverdiener, -/Spitzenverdienerin, -nen – die Person, die zu der Gruppe von Menschen einer Gesellschaft gehört, die am meisten Geld verdient und sehr reich ist
Wohlstand (nur Singular, m.) – die Tatsache, dass jemand genug Geld hat, um gut zu leben, und sich keine Sorgen um seine finanzielle Situation machen muss
Abstieg, -e (m.) – hier: die sozialen Bewegung nach unten, von reich zu arm
gefährdet sein – in Gefahr sein; bedroht sein
einkommensschwach – mit geringem Einkommen/Verdienst
abrutschen – hier: seine gute finanzielle Situation plötzlich verlieren
von etwas profitieren – von etwas einen Nutzen haben
Arbeitsmarkt, -märkte (m.) – die Gesamtheit der Arbeitsstellen (z.B. in einem Land/in einem Bereich)
Beschäftigungsverhältnis, -se (n.) – die Art und Weise der Anstellung bei einem Arbeitgeber
unterdurchschnittlich – geringer als normal
jemanden enntlohnen – jemanden bezahlen
Lebenshaltungskosten (Plural, f.) – die Kosten, die man für das tägliche Leben hat (z. B. für Miete oder Lebensmittel)