Paris ist ein teures Pflaster. Auch für Buchhändler. Viele von ihnen zogen deswegen südwärts und entdeckten den malerischen Ort La Charité-sur-Loire. Jetzt nennt sich das Dorf stolz "Stadt der Bücher".
Christian Vallériaux war der erste Pariser Buchhändler, der sich in La Charité-sur-Loire niederließ. Im Jahr 1992 eröffnete er in dem mittelalterlichen Dorf seinen Buchladen. "Wir wollten Paris verlassen. Wir hatten genug von den überhöhten Mietpreisen für das Geschäft und die Wohnung. Außerdem suchten wir nach mehr Lebensqualität", sagt der 61-jährige Vallériaux.
Damals sah La Charité-sur-Loire allerdings noch anders aus. Außer dem großen Kloster gab es nicht viel zu besichtigen. Die meisten Läden standen leer, es gab weder Cafés noch Kunstgalerien. "Die Stadt war völlig tot", erzählt Christian Vallériaux. Nach einem Jahr hatten er und seine Frau genug von diesem Dornröschenschlaf. Sie brauchten mehr Kunden, und die Stadt brauchte mehr Touristen. So präsentierte Christian Vallériaux dem Bürgermeister sein Projekt der "Stadt der Bücher". Der Bürgermeister war bereit, das Unternehmen finanziell zu unterstützen.
In kurzer Zeit kamen viele Buchhändler nach La Charité-sur-Loire. Sie verließen Paris, um den verschlafenen Ort in eine “Stadt der Bücher“ verwandeln. Heute gibt es in dem Dorf mehr Bücher als Einwohner. Zwölf Buchhändler für Antiquariat, einen der originellsten Typografen Frankreichs, sowie mehrere Kalligrafen und Buchbinder haben hier ihre Läden eröffnet.
Aus der Hauptstraße ist eine beruhigte Verkehrszone geworden, in der sich ein Buchladen neben dem anderen befindet. Es gibt gemütliche Cafés, kleine Feinschmeckergeschäfte und einen Weinladen. Die Anzahl der Touristen ist beachtlich gestiegen. Denn es gibt nicht mehr nur das bedeutende Kloster zu besichtigen. Das Stöbern in den herrlich bunten Bücherläden dauert Stunden, wenn nicht sogar Tage.
GLOSSAR
ein teures Pflaster - bildlich: ein Ort, an dem die Preise und die Mieten sehr hoch sind
Buchhändler/in, der/die - jemand, der/die Bücher verkauft
malerischen - hübsch und idyllisch
sich niederlassen - an einen Ort ziehen, um dort zu wohnen und zu arbeiten
überhöht - zu hoch
Lebensqualität, die - die Beschaffenheit des alltäglichen Lebens
etwas besichtigen - etwas anschauen
völlig - ganz und gar
Dornröschenschlaf, der - Redensart: wenn in einem schönen Ort nicht viel passiert
etwas präsentieren - etwas vorstellen
finanziell - in Bezug auf Geld
verschlafenen - sehr ruhig
etwas verwandeln - was verändern
Antiquariat, das - ein Geschäft, das alte Sachen (hier: Bücher) verkauft
originell - einzigartig
Typograf/in, der/die - ein/e Drucker/in
Kalligraf/in, der/die - jemand, der die Kunst des Schönschreibens beherrscht
Buchbinder/in, der/die - jemand, der das Buch in seine endgültige Form bringt und den Einband herstellt
beruhigte Verkehrszone, die - eine Gegend, in der Autos nur langsam oder gar nicht fahren dürfen
Feinschmeckergeschäft, das - ein Laden mit besonders hochwertigen Lebensmitteln
Stöbern, das - das gemütliche Suchen nach Dingen, die man kaufen möchte