Wenn der Kirche die Priester fehlen
In Deutschland gibt es immer weniger katholische Pfarrer. Um die freien Stellen zu besetzen, werden Geistliche aus Ländern wie Indien oder Polen geholt. In ihrer neuen Heimat kommen verschiedene Problemen auf sie zu.
Bei der katholischen Kirche in Deutschland herrscht Personalmangel, denn immer weniger Männer wollen Priester werden. Viele der aktiven Pfarrer stehen kurz vor dem Ruhestand. Deshalb ist die Kirche gezwungen, Geistliche aus dem Ausland anzuwerben. Im Erzbistum Köln kommen zum Beispiel etwa 200 Pfarrer nicht aus Deutschland, sondern aus Ländern wie Indien, Polen, Nigeria oder Südkorea. Das ist fast ein Viertel aller aktiven Priester. In vielen anderen deutschen Bistümern sieht es ähnlich aus.
Die ausländischen Geistlichen haben es oft nicht leicht in den Gemeinden. Für den indischen Priester Titus Karikkassery war es zum Beispiel schwer, auf Gemeindemitglieder zuzugehen. „In meiner Heimat brauche ich keinen Termin, um eine Familie zu besuchen. Ich kann einfach hingehen, klingeln und hallo sagen“, sagt er. Für einen Besuch in seiner Gemeinde im Rheinland muss er sich dagegen eine Woche vorher anmelden.
Auch fehlende Sprachkenntnisse erschweren die Arbeit der Priester, denn viele von ihnen sprechen anfangs gar kein Deutsch. Eine Messe auf Deutsch zu halten, ist mit einiger Übung machbar – auch wenn man die Sprache nicht so gut beherrscht. Für die Arbeit als Seelsorger, der persönliche Gespräche führt, sind aber sehr gute Sprachkenntnisse nötig.
Der Einsatz ausländischer Priester wird aber nicht nur wegen sprachlicher und kultureller Probleme kritisiert. Einige Katholiken befürchten zum Beispiel, dass durch die ausländischen Geistlichen wichtige Reformen in der katholischen Kirche verhindert werden. Denn solange es noch genug Priester gibt, wird nicht über Themen wie Frauen als Geistliche oder verheiratete Priester nachgedacht.
Glossar
Geistlicher, Geistliche (m.) – eine Person, die in der Kirche ein Amt übernimmt; der Priester
auf jemanden zu|kommen – hier: mit etwas konfrontiert werden; bekommen
herrschen – hier: vorkommen; geben (im Sinne von: es gibt)
Personalmangel (m.) – das Fehlen von Mitarbeitern
vor dem Ruhestand stehen – kurz davor sein, in Rente zu gehen
aktiv – eine Tätigkeit noch ausüben
gezwungen sein – keine andere Möglichkeit haben; etwas machen müssen
jemanden an|werben – jemanden finden, der eine freie Stelle besetzen kann
Erzbistum, Erzbistümer (n.) – ein wichtiges → Bistum
Bistum, Bistümer (n.) – ein Gebiet, das ein katholischer Bischof verwaltet
Gemeinde, -n – hier: die Menschen in einem bestimmten Gebiet, die einer Kirchengemeinschaft angehören
auf jemanden zu|gehen – hier: mit jemandem Kontakt aufnehmen
dagegen – im Gegensatz zu etwas anderem
fehlend – so, dass etwas nicht vorhanden ist
machbar sein – möglich sein; kein Problem sein
etwas beherrschen – können
Seelsorger, -/Seelsorgerin, -nen – ein Priester, der durch Gespräche versucht, Menschen in schwierigen Lebenssituationen zu helfen
Einsatz, Einsätze (m.) – hier: die Anstellung
Reform, -en (f.) – die Erneuerung; die Verbesserung; die Veränderung