Seit Oktober 2012 gibt es in Berlin ein Mahnmal für Sinti und Roma. Es erinnert daran, dass sie Opfer des Nationalsozialismus waren. Bis heute werden sie in vielen Ländern Europas oft noch diskriminiert.
Der deutsche Staat hat sich viel Zeit gelassen, den NS-Völkermord an Sinti und Roma anzuerkennen. Erst 1982 bestätigte der damalige Bundeskanzler Helmut Schmidt offiziell, was Wissenschaftler längst bewiesen hatten: In Deutschland hat es einen zweiten Holocaust gegeben. Silvio Peritore vom Zentralrat Deutscher Sinti und Roma erklärt: „Es waren die völlig identischen rassenpolitischen Motive, der identische Täterapparat, es waren dieselben Mordmethoden an denselben Orten, systematisch und effizient durchgeführt.“
500 000 Sinti und Roma wurden in der Zeit des Nationalsozialismus getötet. Für sie wurde im Oktober 2012 in Berlin ein Denkmal eröffnet. Zwar hatte der Deutsche Bundestag den Sinti und Roma bereits 1992 ein eigenes Mahnmal versprochen. Streit zwischen der Regierung, Historikern, aber auch zwischen Vertretern der Sinti und Roma verhinderten eine schnelle Realisierung.
In dem Denkmal sieht der Zentralrat eine späte Anerkennung. Er hofft aber auch, dass dadurch in Zukunft Diskriminierung verhindert werden könnte. Denn viele der 12 Millionen Sinti und Roma können in Europa auch heute noch kein normales Leben führen. Peritore sagt, dass ihnen vor allem in osteuropäischen Ländern wichtige Menschenrechte – wie die Gesundheitsversorgung oder menschenwürdiges Wohnen – vorenthalten werden.
Aber auch in Deutschland werden Sinti und Roma vorschnell als kriminell bezeichnet. Vorstellungen vom stehlenden „Zigeuner“ halten sich hartnäckig – und das bereits seit dem 14./15. Jahrhundert. Für Peritore ist dies unvorstellbar: „Wie kann es sein, dass sich in einer aufgeklärten Gesellschaft die Tradition des 'Zigeunerklischees' bis heute fortsetzt?“, fragt er.
Glossar
Denkmal, Denkmäler (n.) – ein Bau, der an eine Person oder ein Ereignis erinnern soll
Mahnmal, -e (n.) – das → Denkmal, das an einen negatives Ereignis erinnern soll
Sinti und Roma – Bezeichnung für Volksgruppen, die ursprünglich aus Indien stammen, aber jetzt in Europa leben
Nationalsozialismus (m.) – hier: die Diktatur Hitlers (1933 – 1945)
jemanden diskriminieren – jemanden z. B. wegen seiner Herkunft ungerecht behandeln
sich Zeit mit etwas lassen – dafür sorgen, dass etwas langsamer geschieht
Völkermord (m.) – der Genozid; die Verfolgung und Ermordung von Volksgruppen
etwas an|erkennen – etwas als wahr bestätigen
Holocaust – die Bezeichnung für die Ermordung der Juden durch die Nationalsozialisten
Zentralrat (m.) – hier: die Bezeichnung für eine Organisation oder Interessensvertretung
identisch – gleich
rassenpolitisch – in der nationalsozialistischen Politik auf eine Volksgruppe bezogen
Motiv, -e (n.) – hier: die Absicht; das Ziel
Täterapparat (m.) – die Gruppe von Tätern
systematisch – sorgfältig; nach einem genauen Plan organisiert
effizient – mit hoher Wirkung
Realisierung (f.) – die Verwirklichung
menschenwürdig – so, dass grundlegende Bedürfnisse eines Menschen befriedigt werden
jemandem etwas vor|enthalten – jemandem etwas nicht geben
vorschnell – zu schnell; pauschal
sich hartnäckig halten – nicht verschwinden
aufgeklärt – hier: geistig weit entwickelt; rational