Seit den 1920er Jahren werden in Spanien zum Namenstag eines Heiligen Rosen und Bücher verschenkt. 75 Jahre später wurde diese Tradition zum internationalen Kultur-Ereignis ausgeweitet, um das Lesen weltweit zu fördern.
Viele Menschen tun es täglich, egal ob in der Bahn, im Café, in der Hängematte oder Badewanne - sie lesen. Sie studieren Zeitungen, durchforsten Kontaktanzeigen und schmökern in Büchern. Millionen von gedruckten Buchstaben auf Papier lassen sich gebunden und im Handtaschenformat bequem in sämtliche Alltagssituationen mitnehmen. Auf Anregung des zuständigen Direktors Milagros del Corral hat die UNESCO 1995 den "Welttag des Buches und des Urheberrechts" ins Leben gerufen. Seitdem wird jedes Jahr am 23. April ein weltweites Lesefest gefeiert.
Das Spektakel rund ums Buch soll die Lust am Lesen wecken. Denn das Buch nimmt als Medium der Wissensvermittlung eine bedeutende Rolle in der Informationsgesellschaft ein. "Wir müssen sicherstellen, dass Bücher für jeden und überall zugänglich sind", lautete die Forderung von del Corral. Deswegen finden am 23. April weltweit zahlreiche Veranstaltungen statt. Zum Beispiel auch in der Schweiz. Unter dem Motto "Reisezeit ist Lesezeit" werden an Bahnhöfen kleine Lektüregeschenke an Pendler verteilt, während zwischen Gleis und Fahrkartenschalter junge Schauspieler bunte Reisegeschichten vortragen.
Doch wie lebt es sich eigentlich in einer Welt, die nur so von Zeichen wimmelt, wenn man sie nicht versteht? Allein in Deutschland leben nach Aussage des Bundesverbands Alphabetisierung und Grundbildung e.V. ungefähr vier Millionen funktionale Analphabeten. Damit sind Menschen gemeint, die nicht in der Lage sind, eine Zeitschrift zu lesen oder einen Brief zu schreiben. Das Thema wird in der Öffentlichkeit jedoch tabuisiert und stigmatisiert. Dabei muss man sich fragen, ob nicht gerade ein derartiger weltweiter Feiertag den Anlass dafür bieten könnte, mit Vorurteilen zum Analphabetismus aufzuräumen.
GLOSSAR
Namenstag, der - ein katholischer Gedenktag des Heiligen, auf dessen Namen eine Person getauft wird
international - mehrere Nationen oder Staaten sind beteiligt
täglich - jeden Tag
etwas durchforsten - etwas durchsuchen, etwas querlesen
in etwas schmökern - etwas durchblättern
UNESCO, die - "United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization.", eine von der UNO gegründete Organisation zur Förderung von Bildung, Wissenschaft und Kultur
Urheberrecht, das - Bestimmungsrecht eines Künstlers über sein Werk
Spektakel, das - eine Aufführung, ein Schauspiel
Medium, das - eine Mittel zur Informationsweitergabe, z.B. ein Buch, ein Radio oder das Internet
zugänglich - erreichbar
funktional - wirksam, auf eine Tätigkeit bezogen
Analphabet, der - jemand, der nicht schreiben und lesen kann
etwas tabuisieren - etwas zu einem Thema machen, über das nicht gesprochen wird
stigmatisiert - negativ auffallend
Vorurteil, das - eine Meinung über eine Sache, ohne hinreichende Kenntnis