In Deutschland stehen die Ferien vor der Tür. Kurz vorher sind gerade Schüler mit schlechten Noten nervös, denn vor den Ferien werden die Zeugnisse verteilt. Auch in anderen Ländern steigt in dieser Zeit die Nervosität.
Wenn die Sommerferien nahen, dann ist die Stimmung bei den Schülern geteilt. Während sich die einen auf den Urlaub freuen, bangen andere um ihr Zeugnis. Denn wer in Deutschland studieren will, braucht das Abitur. Der einfachste Weg dahin ist der Besuch des Gymnasiums direkt nach der Grundschule. Dafür muss man aber sehr gute oder gute Noten auf dem Zeugnis haben.
In den ersten Jahren auf dem Gymnasium wird weiter kräftig gesiebt. Zwei Fünfen oder eine Sechs als Note reichen aus, und man muss die Klasse wiederholen oder sogar die Schulform wechseln. Die Kinder haben also nicht nur Angst davor, sitzen zu bleiben, sondern auch davor, ihre Schule verlassen zu müssen. Viele Schüler müssen deshalb sehr viel pauken. Der hohe Leistungsdruck durch die frühe Selektion der Schüler schon nach der Grundschule ist immer wieder ein Kritikpunkt am deutschen Schulsystem.
Ganz ähnlich ist es in Uganda. Aber hier sind nicht einzelne Noten, sondern die Durchschnittsnote für die Versetzung ausschlaggebend. Ist der Notendurchschnitt zu schlecht, muss die Klasse wiederholt werden. Während das Sitzenbleiben in Deutschland und Uganda einen eher schlechten Ruf hat, entscheiden sich chinesische Schüler sogar freiwillig dazu, eine Klasse zu wiederholen. Denn hier kommt es nur auf den Gao Kao, die Abschlussprüfung, an. Diese muss man möglichst gut bestehen.
Benazir Abrarova aus Russland dagegen betont: „Bei uns ist es eine große Schande, wenn man nicht weiterkommt. Deshalb achten die Eltern viel mehr auf die Leistungen der Schüler als die Schüler selbst“, so die 22-Jährige. Im Notfall greifen Eltern auch einmal etwas tiefer in die Tasche und machen den Lehrern Geschenke – in der Hoffnung, den Notendurchschnitt zu verbessern, sagt sie. In Deutschland hätte diese Methode nicht viel Erfolg, denn Lehrer dürfen solche Geschenke gar nicht erst annehmen.
Glossar
etwas steht vor der Tür – umgangssprachlich für: etwas beginnt sehr bald
etwas naht – etwas beginnt sehr bald
die Stimmung ist geteilt– die Stimmung ist bei manchen Personen positiv bei manchen negativ
jemand bangt um etwas/jemanden – jemand macht sich große Sorgen um etwas /jemanden
Gymnasium, das– die Schulart, die in Deutschland zum Abitur führt (daneben gibt es die Realschule, die Hauptschule und die Gesamtschule)
Grundschule, die – die Schule, die Kinder in Deutschland in den ersten 4 bis 6 Jahren besuchen
sieben – hier: aus einer Gruppe von Menschen einige auswählen (auch: aussieben)
Schulform, die – die Schulart (in Deutschland →Grundschule, →Gymnasium, Realschule, Hauptschule und Gesamtschule)
jemand bleibt sitzen – umgangssprachlich für: jemand muss in der Schule eine Klasse wiederholen, weil seine Leistungen zu schlecht sind
pauken – umgangssprachlich für: für die Schule lernen
Leistungsdruck, der – die hohe Erwartung an eine Person, gute Leistungen zu erreichen
Selektion, die– hier: die Zuordnung zu einer →Schulform aufgrund der Leistung
Versetzung, die– die Erlaubnis, die nächst höhere Klasse zu besuchen
etwas ist ausschlaggebend für etwas – etwas ist entscheidend für eine Sache
Notendurchschnitt, der – die Gesamtnote
jemand/etwas hateinen schlechten Ruf – es besteht allgemein eine schlechte Meinung über jemanden/etwas
etwas ist eine Schande für jemanden – etwas ist so, dass es für eine Person sehr peinlich ist
tief in die Tasche greifen – umgangssprachlich für: sehr viel Geld ausgeben